Freitag, 30. November 2012

Buchmesse 2012 – Virenschleuderpreis


Längst hat sich der Virenschleuderpreis in der Buchbranche etabliert. Bei der Preisverleihung belohnten die Initiatoren Leander Wattig und Carsten Raimann die beste Marketingmaßnahme und die beste Marketingstrategie. Wir kamen leider nur knapp nicht auf die Shortlist, dennoch ist das Projekt ein wichtiger Überblick über aktuelle Projekte der Buchbranche.
 

In diesem Jahr haben sich insgesamt 53 Teilnehmer um den Virenschleuderpreis beworben. Per Publikumsabstimmung kamen 20 von ihnen auf die Shortlist, unter denen die Sieger ausgewählt wurden, deren Projekt besonders effizient war. Sprich: Günstig, einfach und erfolgreich. Die beste Maßnahme sicherte sich binooki mit dem literarischen Foto-Contest und die beste Strategie fuhr der Carl Hanser Verlag mit der YouTube-Serie »Michael Krüger spricht«.



Binooki haben sich 2011 in Berlin gegründet, um türkische Gegenwartsliteratur auf Deutsch zu verlegen und so Kulturen zu verbinden. Hinter dem Projekt stehen Inci Bürhaniye und Selma Wels, die künftig zehn Titel im Jahr veröffentlichen wollen. Zum Internationalen Literaturfestival in Berlin organisierten die Verlegerinnen die Aktion #berlinliestbinooki – ein literarischer Foto-Contest. Im Aktionszeitraum wurden an ausgewählten Plätzen Booklets mit Leseproben einer aktuellen Neuerscheinung aufgestellt. Postkarten und Flyer in U-Bahnen und Cafés führten die interessierten Finder mittels QR-Code zur Aktionsseite. Mit Hilfe dieser Aktionen forderten die Verlegerinnen die Menschen auf, sich beim Lesen fotografisch festzuhalten. Da in Berlin die Smartphone-Dichte sehr hoch ist, mussten die Teilnehmer das Foto lediglich bei Instragram mit dem passenden Hashtag hochladen. Die zehn Bilder mit den meisten Likes kamen in die Endauswahl, die drei besten Bilder darunter wurden von einer Jury ausgewählt und prämiert. Der erste Preis kam durch eine Sponsoring-Kooperation mit BMW/MINI zustande: Es gab ein Wochenende mit einem MINI Roadster zu gewinnen. Für den zweiten Platz gab es einen E-Reader, für den dritten Platz ein Buchpaket nebst Kaffee mit den Verlegerinnen. Durch die Aktion konnten die binooki-Verlegerinnen 400 Fotos sammeln und sich und ihren jungen Verlag bekannt machen.



Der Carl Hanser Verlag hat einen engagierten Verleger: Michael Krüger wollte den Verlag in seinen Social-Media-Aktivitäten unterstützen. In der Werbeabteilung entwickelte der Verlag das YouTube-Format »Michael Krüger spricht«. Einmal im Monat können die Zuschauer so hinter die Kulissen des Verlags blicken und Neuigkeiten über Autoren, Bücher und allgemein den Literaturbetrieb erfahren. Allerdings werden auch alltägliche Fragen beantwortet: Wie geht der Verlag mit unverlangt eingesandten Manuskripten um? Die Aufnahmen gelingen bislang immer im ersten Anlauf, es wird nicht geschnitten oder nachbearbeitet, um die Authentizität zu wahren. So erreichte der Verlag mit seinen Inhouse-Produktionen zwischen 400 und 3100 Klicks.



Mittwoch, 28. November 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 48


Buchgeschäfte im Ausland finde ich wunderbar. Da ich als armer Student mir derzeit nur Städtereisen innerhalb Deutschlands leiste, kann ich mich an keine Buchläden im Ausland erinnern. Zwar habe ich mir mal auf Malta alle Harry Potter-Romane auf Englisch gekauft und mitgenommen, aber ich kann mich nicht mehr an das Geschäft erinnern.

Deshalb nutzte ich während meines Ausflugs nach Prag die Gelegenheit, fremde Buchluft zu schnuppern. Gespannt schlich ich mich in eine Universitätsbuchhandlung und schaute mich um. Obwohl ich kein Wort verstand oder mir auf irgendeine Weise herleiten konnte, fand ich mich schnell zurecht. Die Bücher waren nach Fachbereichen sortiert, genauso wie bei uns. Und zwischen den gut befüllten Regalen an den Wänden war ein riesiger Tisch mit aktuellen Titeln aufgebaut. Ich entdeckte Bolaños Roman 2666 und war überglücklich, dass ich zumindest ein Buch sofort einordnen konnte.



Montag, 26. November 2012

Buchmesse 2012 – Hotlist-Party


Die Party der Jungen Verlage: Die Szene-Party der Buchmesse mauserte sich dieses Mal im Literaturhaus Frankfurt zu einem gediegenen Zusammentreffen bis in die frühen Morgenstunden. Ich blieb nur zu einem kurzen Intermezzo bis kurz vor Mitternacht, denn am darauffolgenden Tag stand mir ein anstrengendes Programm bevor.

Hippe Verleger außer Rand und Band? Das war einmal. Auf der Party der Jungen Verlage, die traditionell an den Buchmessen-Freitagen nach der Hotlist-Verleihung stattfindet, kehrte Ruhe ein, was ihren Charme nicht minderte. Die Preisverleihung fand in einem hübschen, dunkelgrünen Raum im Erdgeschoss statt. Die Bühne dort war ratzfatz abgebaut und der DJ schnell bereit. Die Indies tummelten sich im Erdgeschoss und Treppenhaus.



Im Vorfeld hielt das hartnäckige Flüstern während der Buchmesse an, war allgegenwärtig. Verabredungen wurden geschmiedet, Neulinge dazu überredet, zur Bookfair a-go-go zu gehen und alte Freunde erinnert, obwohl das Ticken der inneren Indie-Uhr reibungslos funktioniert. Schade nur, dass Messe und Literaturhaus ein wenig weit voneinander entfernt liegen. In Leipzig waren die Partys generell irgendwie alle näher beisammen.




Angefangen haben die Hotlist-Partys rückblickend betrachtet an merkwürdigen Orten: Die ehemalige Diamantbörse in Frankfurt hatte niedrige Decken, verrückte Roboterskulpturen und eine inaktive Rolltreppe. An den Wänden waren zweideutige Comics verewigt. Die Alte Hauptpost in Leipzig, groß, ein wenig kühl und steril, federweich ausgeleuchtet. Der Frankfurter Sinkkasten war so klein, eng und schmuddelig, dass die Warteschlange bis zur Zeil ging.




Und dieses Jahr nun das Literaturhaus Frankfurt. Pompös ausgeleuchtet, mächtige Säulen, träge House-Musik. Ja, die Party der Jungen Verlage war genauso hipp wie eh und je, nur strahlte sie dieses Jahr einen wunderbaren Glanz aus. Schnell trafen sich die richtigen Grüppchen, selten stand jemand allein. Das Experiment der Organisatoren war geglückt und ich bin gespannt, ob es bei dem Veranstaltungsort bleiben wird.


Freitag, 23. November 2012

Buchmesse 2012 – »Hotlist is coming home.«



Die Indies im Literaturhaus? Ich war skeptisch, als ich gemeinsam mit einer Freundin zur Preisverleihung hetzte. Mal wieder. Seitdem ich dort fotografieren soll, bin ich chronisch knapp in der Zeit dran. Letztes Jahr fielen die Züge aus, dieses Mal verplauderte ich mich auf einer Preisverleihung davor. Aber es klappte, ich kam pünktlich angehetzt und erwartungsfroh an. Oder besser gesagt verhalten-optimistisch, wobei mehr verhalten als optimistisch. 



Die Book Fair A-Go-Go-Party – mit der Verleihung des Hotlist-Preises – hat in den vergangenen Jahren schon an vielen ranzigen Orten ihr Eigenleben entfaltet. Und jetzt das: Passten die wilden, jungen Verleger ins klassisch-konservative Literaturhaus Frankfurt? Ja, und Literaturhaus-Chef Hauke Hückstedt meinte dazu passend in seiner Begrüßung: »Hotlist is coming home.«





Seit 2009 wird der Hotlist-Preis als Gegengewicht zum Deutschen Buchpreis an die besten Titel aus Independent-Verlage verliehen. Die Preisverleihung glänzte mit tollen Titeln und dem Moderator Thomas Böhm, der das Publikum frech und witzig durch die Preisverleihung führte. Von ehemaligen Kaufhäusern und Punk-Schuppen zum Literaturhaus – der Hotlist-Preis hat sich etabliert. In diesem Jahr gab es 145 Einsendungen, aus denen eine Longlist aus 30 Titeln zustande kam. Ab hier wurde es spannend: Drei Titel bestimmte das Publikum per Voting, sieben Bücher eine Jury. Daraus entwickelte sich die Shortlist mit einem bunten Überblick der Indie-Programmlandschaft. Dabei waren der Berenberg Verlag, Braumüller, luxbooks, diaphanes, Droschl, Echtzeit, Jung & Jung, Peter Hammer, Unionsverlag und der Verlag Das Wunderhorn.



Das Rennen machten am Ende zwei Verlage: Der Hauptpreis, der mit 5000 Euro dotiert ist, ging an den Grazer Literaturverlag Droschl. Tor Ulvens Erzählband »Dunkelheit am Ende des Tunnels« war das letzte Buch des Norwegers, der mit 41 Jahren Selbstmord beging. Bernhard Strobel übersetzte das Buch auf Deutsch.


Den Melusine-Huss-Preis, der zum zweiten Mal von Buchhändlern verliehen wurde und einen Druckgutschein der Freiburger Graphischen Betriebe über 4000 Euro beinhaltet, bekam der Peter Hammer Verlag für ein wagemutiges Werk: Das Bilderbuch »«Der Pirat und der Apotheker« ist eine Ballade von Robert Louis Stevenson, das von Henning Wagenbreth wunderbar, ungeschönt und echt illustriert wurde. Ein Kinderbuch bei einem anerkannten Kinderbuchverlag mit gewalttätigen Szenen? Da musste die Verlegerin selbst erst einmal, zweimal darüber schlafen, doch ihr Mut wurde belohnt.




Die Teilnehmer, Verleger, Gäste und Moderatoren des Abends schwelgten abseits des Geschehens in großem Glück: Noch in derselben Woche hatte der Indie-Verlag Jung & Jung zum zweiten Mal den Deutschen Buchpreis gewonnen und der Unionsverlag und Horlemann sind mit Mo Yan Nobelpreisträger-Verlage geworden. Schon lange müssen sich die Indies nicht mehr beweisen, denn in der Buchbranche haben ihre Erfolge bewiesen, dass sie angekommen sind und wahrgenommen werden.


Mittwoch, 21. November 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 47


Erinnerst Du dich noch an das Cover von Dan Browns Sakrileg? Oder an Cecilia Aherns Liebesroman mit himmelblauen Hintergrund und luftig geschwungener Schrift? Wenn nicht, dann denke bitte an die vielen Fantasy-Romane mit den Frauengesichtern auf dem Cover, die melancholisch mit großen Augen ins Leere blicken und an ihre große Liebe denken. All diese Bücher haben in ihrer Gestaltung Trends geschaffen, die teilweise bis zum Erbrechen kopiert wurden. Interessant dabei fand ich vor allem, wie offensiv geklaut wurde.

Seitdem beobachte ich argwöhnisch die Neuerscheinungen, denn jedes neue Buch hat Potential, einen neuen Trend einzuläuten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mit J.K. Rowlings neuem Buch ebenfalls eine Mode eingeführt wird und der Trend hin zum Retro-Cover geht. Da das Rowling-Cover bislang nicht gut ankommt, bin ich gespannt, ob ich mit meiner Vermutung recht haben werde. Denn mal ehrlich: Jeder neue Modetrend ist auf den ersten Blick potthässlich, bis man sich an ihn gewöhnt hat.

Und wenn man sich so den Liebesroman-Tisch der Engländer in einem Buchladen ansieht, blickt man in eine ganz andere Welt. Wer viel und gerne Blogs liest, dem wird der Trend zu weißen Blogs aufgefallen sein. Ob dieser Geschmack sich irgendwann auch in weißen Liebesromanen in Deutschland niederschlagen wird?

Montag, 19. November 2012

Buchmesse 2012 – Interview mit Jeff Kinney


In meinem Leben habe ich schon unendlich viele Leute interviewt. Da ich nebenbei seit zehn Jahren für einige Lokalzeitungen arbeite, habe ich schon vieles erlebt und mit noch mehr Menschen gesprochen, auch mehrmals auf Französisch. Mein Englisch konnte ich nun zum ersten Mal auf der Frankfurter Buchmesse ausprobieren, bei einem Interview mit dem Schriftsteller Jeff Kinney. 


Wem der Name nichts sagt, muss sich nicht erschrecken, denn seine Bücher sind es, die die Welt der jungen Leser im Sturm erobert hat: Die lustige Tagebücher von Greg, von denen es inzwischen schon drei Verfilmungen gibt. Am 23. November erscheint in Deutschland der siebte Greg-Band.


Wie kam er nun auf die Idee, so einen Charakter wie Greg zu entwickeln? War er als Kind etwa selbst so? Auf diese Frage lachte der sympathische Amerikaner und räumte ein: Ja, einige Szenen seien seiner Kindheit entlehnt, doch Greg sei auf alle Fälle eine bad version von ihm selbst, denn er erlebt viel schlimmere und chaotischere Abenteuer als Jeff Kinney sie jemals erlebt hat. Und mit Fregley, dem verrückten Nachbarsjungen, wollte Kinney einen Charakter schaffen, der anders ist und sich stark von den anderen Kindern unterscheidet. Letztendlich finden aber wohl auch viele Erwachsene, dass die meisten Kinder wie Fregley sind. Das macht die Spiegelung besonders lustig, denn gerade Kinder finden ihn wirklich merkwürdig.


Ganz entgegen den Gerüchten, dass der siebte Greg-Band das letzte Buch werden soll, berichtete Kinney, dass er derzeit schon am achten Band arbeitet und noch viele Ideen für weitere Bücher hat. Im siebten Buch, das am 23. November 2012 erscheinen wird, muss Greg eine Tanzpartnerin für den Schulball finden. Kinney hat verraten, dass Greg sich seine Chancen bei jedem Mädchen der Schule vermasseln wird.


Kinney selbst ist zum zweiten Mal in Deutschland. Bislang hat er Frankfurt, Köln, Berlin und Hamburg gesehen. Er erzählte, dass er sich sehr auf das Treffen mit den deutschen Fans freut, denn er hatte bislang keine Gelegenheit, welche kennen lernen zu dürfen. Er konnte es gar nicht glauben, dass ihn viele Besucher am Stand von Bastei Lübbe erkannt haben und lieber zu ihm als zu Sky du Mont stürmten.Geduldig zeichnete er mir mit einem Kugelschreiber einen Greg und malte akribisch genau den Mund aus. Als er fertig war, schüttelte er kritisch den Kopf und meinte, nein, das könne er so nicht lassen, die Hose muss auch noch ausgemalt werden. Im Anschluss hat er viele Greg-Bücher signiert und mit Mannis verziert. Ein echt toller Autor, der trotz so vieler verkaufter Bücher herrlich normal geblieben ist.

Freitag, 16. November 2012

Buchmesse 2012 – Speed Meeting


Da flatterte mir im September einfach mal so die Einladung zum Speed Meeting der Verlage der Zukunft ins Postfach. Nach dem ersten Ohnmachtsanfall folgt das erste und nicht letzte Durchatmen. Ist das Speed Meeting wirklich eine Chance oder nur belangloser Small Talk mit wichtigen, sehr wichtigen Menschen der Buchbranche? Mit welcher Einstellung betritt man überhaupt am besten das Schlachthaus? Diese Frage geisterte mir im Kopf herum, seitdem diese eine E-Mail in meinem Postfach landete. Und danach die Mail mit den detaillierten Anweisungen. Dann die Mail mit der Rücksicherung, ob man wirklich Zeit hätte und wirklich zum Speed Meeting käme. Die Verlage der Zukunft meinten es todernst und organisierten das ungewöhnliche Event perfekt. Acht Minuten Zeit hatte ich, um zehn bedeutende Verleger niederzustarren. Wie fängt man das Gespräch an? Langweilen sich die Abteilungsleiter, Geschäftsführer und Personaler nicht nach dem vierten Lebenslauf? Wie bleibt man geschickt im Gedächtnis, ohne sich allzu sehr anzubiedern? Ich brauchte zunächst die richtige Einstellung.




Wie findet man die richtige Einstellung? Mein erster Versuch lautete Verdrängung und Ignorieren. Funktionierte aber nicht. In meinem Kopf setzten sich die grauen Herren in Anzügen fest.
Es folgte der zweite Versuch: Bilanz ziehen Was habe ich erreicht, warum nahm ich teil und was erhoffte ich mir von der Teilnahme? Da ich kurz vor meinem Abschluss an der Uni stand, hoffte ich auf interessante Kontakte für die Bewerbungszeit. Da meine Wunschausbildung sich in den Verlagshäusern noch nicht etabliert hat, fand ich sofort eine Reservefrage für Notfälle, wenn das Gespräch ins Stocken kam: In welcher Abteilung ist bei Ihnen Social Media- oder Online-Marketing angegliedert? Nicht zuletzt plante ich eine Minute ein, um ein Projekt vorzustellen, an dem ich derzeit arbeite.
Mein dritter Versuch sollte mit Sicherheit geben – mit einer guten Vorbereitung. Zu dieser Prozedur gehörte nicht nur das Drucken von neuen Visitenkarten, sondern auch die Sichtung der teilnehmenden Unternehmer. Wer waren sie? Woher kamen sie? Was machte das Unternehmen? Hier bereitete ich mich sehr kurzfristig vor, denn als Agenturkind kannte ich den Großteil der Verlage bereits und hatte mit vielen persönlich Kontakt gesammelt. Das beruhigte mich ein wenig. Trotzdem: Es blieben wichtige Geschäftsführer / Personaler / Abteilungsleiter. Was nun? Noch immer hatte ich nicht die richtige Einstellung, also folgte mein letzter Versuch: Optimismus! Irgendwann wurde mir klar, dass ich nicht in die Rolle des Bittstellers schlüpfen wollte. Ich setzte die Messlatte für das Speed Meeting ein wenig geringer an. Anstatt sich auf jede Andeutung von Interesse zu stürzen, wollte ich neugierig und offen auf die Personen sein, die mir gegenüber saßen. Wer waren sie wirklich? Ich wollte lediglich Kontakte knüpfen, interessante und spannende Menschen kennen lernen – ohne irgendwelche Hintergedanken. Letztendlich saß ich am längeren Hebel: Die Verleger wollten mich kennen lernen. Wenn ich sie nicht sympathisch fand, strich ich sie eben aus meiner inneren Liste potenzieller Arbeitgeber. Schließlich gibt es genug Verlage und andere Unternehmen in der Buchbranche. Ich kehrte den Spieß um: Nicht ich war auf sie angewiesen, sondern sie auf mich. Dieser Optimismus beruhige mein Bauchgrummeln etwas.



Ich erlebte beim Speed Meeting letztendlich einen wunderbaren Vormittag. Mit Tino Uhlemann, dem Verkaufs- und Vertriebsleiter vom Piper Verlag, fing meine Runde an und wir kamen sehr schön ins Gespräch, ebenso mit Till Weitendorf, dem Geschäftsführer des Oetinger Verlags. Ins Plaudern kam ich mit Tom Erben, dem Geschäftsführer vom Aufbau Verlag, für den wir mafiosige Marketingaktionen umgesetzt hatten. Mit Sabine Dörrich, Leiterin der gleichnamigen Personalagentur, debattierte ich über mein Projekt und über die Gestaltung meines Lebenslaufs. Ich konnte sehr viel von ihr mitnehmen und lernen. Mit Ida Roet de Campos, der Personalerin von GU, schwärmte ich abwechselnd über die Vorzüge der Städte Frankfurt und München. Klaus Kluge, den Geschäftsführer von Bastei Lübbe, begrüßte ich wie einen alten Freund: »Auf Sie habe ich mich schon besonders gefreut!« Der Grund für meine Euphorie waren mehrere Projekte, die ich in meiner Firma seit einem Jahr für Bastei Lübbe betreue und organisiere. Ebenso unvermittelt wie meine Worte kam von ihm zum Schluss ein Stellenangebot. »Da müsste ich ja lernen, statt Fassenacht Karneval zu sagen. Interessant!«, war meine Erwiderung darauf.

Würde ich noch einmal teilnehmen? Auf alle Fälle. Niemals wieder haben Berufseinsteiger die Gelegenheit, so offen mit wichtigen Persönlichkeiten der Buchbranche zu reden. Das Speed Meeting ist ein Muss für alle Berufseinsteiger – eben weil es in unserer Branche viel zu wenige Recruiting-Veranstaltungen gibt. Das wird sich bald hoffentlich ändern.

Mittwoch, 14. November 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 46


Manche Dinge sind unerklärlich. Zum Beispiel diese Geschichte, warum ich einen Schutzumschlag besitze, obwohl ich das dazu gehörende Buch nicht habe und niemals besaß. Ich vermute, dass es mal als Lesezeichen benutzt worden ist (Schutzumschlag als Lesezeichen?) und es in einem Buch drinnen lag, das ich gebraucht gekauft habe. Ich entdeckte nun das Papier in einem Wälzer und entdeckte eine handschriftliche Notiz. Erst dachte ich, sie sei echt, schmunzelte und legte sie weg. Als ich den Umschlag neulich wieder in die Finger bekam, las ich nochmal drüber und schielte dann zum Klappentext: Ja, die Hauptfigur hieß Sofia. Und sie hatte allen Grund, wütend auf den anderen Protagonist zu sein. Unglaublich, welch eine geniale Idee, die Innenseite eines Schutzumschlags als Tummelplatz für einen persönlichen Hassbrief der Hauptfigur zu gestalten. Noch dazu sieht die Notiz täuschend echt aus, als sei sie wirklich mit einem Füller und echter Tinte hingekritzelt worden. Allein deswegen überlege ich, mir das Buch irgendwann mal zuzulegen. Noch dazu, weil Bolaño es empfiehlt. Sehr schön gemacht, liebe Klett-Cotta-Verleger!

Freitag, 9. November 2012

Buchmesse 2012 – Berufseinsteiger in der Buchbranche


Viele, die irgendwann den Entschluss machen, etwas mit Büchern zu machen, ahnen noch nichts von der aktuellen Arbeitslage der Buchbranche. Etwas mit Büchern macht man zwar, aber ob die Arbeitszeiten human sind oder das Gehalt zum Überleben reicht, ist eine ganz andere Sache. 
Die Jungen Verlagsmenschen und die Verlage der Zukunft boten während der Messe zwei Führungen an, die sich mit dem Berufseinstieg in die Buchbranche beschäftigten. Wie war das eigentlich nach der Ausbildung oder nach dem Studium? War es schwer, eine Stelle zu finden und auch zu bleiben? Diesen und vielen weiteren Frage stellten sich viele Volontäre und Berufseinsteiger verschiedener Verlage.


Eigentlich war ursprünglich nur eine Führung geplant. Aber weil der Andrang so groß war, boten die Jungen Verlagsmenschen und die Verlage der Zukunft kurzerhand zwei Führungen an. Am letzten Fachbesuchertag machten die Gruppen Halt bei den Ständen vom Wallstein Verlag, dem Unionsverlag, dem Oldenbourg Verlag, dem Mediacampus Frankfurt und dem Aufbau Verlag. Die zweite Führung besuchte den Gmeiner Verlag, Kein & Aber, den Beuth Verlag, UTB und Piper.
Die Organisatoren haben bei der Auswahl auf die Vielfalt geachtet, sodass die Teilnehmer neben kleinen Verlagshäusern auch große Konzerne kennen lernten. Zudem waren sie nicht nur mit reinen Publikumsverlagen konfrontiert sondern auch mit vielen Fachbuchverlagen. Neben diesen Kriterien spielten auch die interviewten Berufseinsteiger eine Rolle und die Abteilungen, in denen sie arbeiteten. Die Auswahl spiegelte die verschiedenen Möglichkeiten wieder, die Berufseinsteiger derzeit haben.



So zum Beispiel Sven Lang, der beim Gmeiner Verlag mittlerweile die Lektoratsassistenz übernommen hat. „Ich hab Glück gehabt“, schloss er nach einem kurzen Umriss seiner Biografie. Nachdem er den Bachelor gemacht hat, bewarb er sich und wurde genommen. Vor dem Studium war er in der Buchhandlung, als Praktikant war er bei Kosmos gewesen. Den Master fand er zu theoretisch, weshalb er sich lieber bewarb. Die Teilnehmer waren an ihm besonders interessiert, denn nach der Einführung der neuen Studienabschlüssen stellen sich viele die Frage, ob es sich lohnt, nach dem Bachelor den Master anzuhängen. Ich selbst habe mit ihm von zwei Bachelor-Studenten gehört, denen das gelungen ist. Ich finde die Entwicklungen spannend, denn als Magisterstudent kenne ich nur das Grund- und Hauptstudium, das zeitlich vergleichbar ist. Früher hieß es noch, dass Verlage Praktikanten haben möchten, die mindestens das Grundstudium abgeschlossen haben. Heute nehmen sie Bachelorabsolventen als Volontäre auf. So ändern sich die Zeiten.





Ein wenig turbulenter ist der Arbeitsalltag von Sina Schulze, die nicht nur beim Beuth Verlag arbeitet, sondern berufsbegleitend ihren Bachelor auf dem Mediacampus Frankfurt macht. Die Doppelbelastung ist da, aber der Praxisbezug entschädigte sie für den Stress. Sie seien eine kleine Gruppe mit fünfzehn Leuten, verriet sie und lobte die gute Betreuung durch die Praxislehrer. Beim letzten Halt löcherten die Teilnehmer Katharina Scholz mit Fragen. Im Studium in Leipzig hat sie sich auf die Verlagswirtschaft spezialisiert und schrieb ihre Diplomarbeit in Kooperation mit Droemer Knaur, arbeitete anschließend – als ehemalige Buchhändlerin – im Vertrieb bei Random House, bevor sie beim Piper Verlag landete.
Für alle Interessierten, die ebenfalls über einen Berufseinstieg in die Buchbranche nachdenken, empfehle ich einen genauen Blick auf die Karriereplattform BuchKarriere – Dein Platz in der Buchbranche. Dort geben vor allem die vielen Interviews mit Arbeitgebern und die Erfahrungsberichte von Berufseinsteigern ein genaues Bild ab, wie das Arbeiten mit Büchern wirklich ist.

Mittwoch, 7. November 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 45


Soviel zum neuen Trend, den Buchschnitt mit bunten Motiven zu verzieren. Ich selbst kannte bislang nur Varianten mit einem Muster (marmoriert), einem besonderen Bezug (vergoldet) oder einer Farbe. Indem der Buchschnitt durch die Farbe nochmal behandelt wird, quellt das Papier leicht auf, sodass kein Schmutz und Staub ins Buchinnere gelangen kann. Früher war deshalb nur der Kopfschnitt eingefärbt. Die bunten Motive von heute dienen also eher der Ästhetik. Mal schauen, wann der erste bibliophile Buchtitel auftaucht, der den Schnitt mit Buchstaben verziert. Das wäre doch eine feine Idee für den nächsten Moers?

Montag, 5. November 2012

Buchmesse 2012 – Nobelpreis


Am Donnerstag während der Buchmesse war ich, da ein Vormittagstermin ausfiel, zunächst in Frankfurt unterwegs, um einem vergessenen Päckchen Werbematerialien hinterher zu jagen. Im Blick hatte ich jedoch immer die Uhr, denn immer am Donnerstag wird ab 13 Uhr bekannt gegeben, wer den Literaturnobelpreis bekommt. Ich stieg gerade in die U-Bahn zur Frankfurt Buchmesse, als über twitter die Meldung kam. Wieder mal kein Thomas Pynchon, stattdessen der Chinese Mo Yan. Nie gehört.


Da ich unbedingt wissen wollte, welcher deutsche Verlag gerade im Nobelpreistrauma dahinschwelgt (oder überrollt und überrascht wird), waren meine nächsten Bewegungen klar: Ich suchte nach kaufbaren Büchern des Chinesen und wurde eher dürftig fündig, denn es gab drei Verlage: Der Unionsverlag, der Horlemann Verlag und auch der Insel Verlag hatten Bücher des Nobelpreisträgers publiziert. Meine Enttäuschung war zunächst ein wenig groß: Ich hatte gehofft, mich von dem großen Nobelpreisstrom treiben zu lassen und aus dem Hintergrund einige freudige Verleger eines Unternehmens bei ihrem Treiben beobachten zu können. Am liebsten natürlich über einen mir bekannten Preisträger.


Im Nachhinein erwies sich die Vergabe aber als großes Glück, denn so konnte ich beobachten, wie ein sehr großer, ein mittlerer und ein sehr kleiner Verlag sich das Glück teilten. Der Unionsverlag hatte einen Schrein aufgebaut, beim Horlemann Verlag zeichnete die Mitarbeiterin selbst ein Nobelpreis-Schild und bei Insel tauchten auch plötzlich dicke Schwarten auf, die von den Mitarbeitern nicht aus der Hand gegeben und wie hippe Accessoires umher getragen wurden. Horlemann und der Unionsverlag lagen sogar im selben Gang und es war witzig zu beobachten, wie die Kameramenschen und Reporter heranstürmten, um vor dem winzigen Horlemann-Stand Bilder zu ergattern.


Die Vergabe des Nobelpreises selbst war mit allerlei Lob für das schriftstellerische Talent von Mo Yan verbunden, allerdings auch mit viel politischer Kritik. Verständlich wird diese allein am Künstlernamen Mo Yan, der eigentlich Guan Moye heißt: Mo Yan bedeutet Sprich nicht! und weist auf die Kindheit und die Erziehung des Schriftstellers. Seine Eltern haben ihm beigebracht, in gefährlichen Zeiten den Mund zu halten, um Ärger zu vermeiden. Als Europäer, gerade mit einer Vergangenheit, in der Widerstand gegen Diktaturen essentiell war, ist dies kein gutes Zeichen. Regimekritiker führten dies immer wieder an, darunter Ai Weiwei. Ich finde es schwierig, mit einer Meinung dazu zu bilden, denn ich kenne mich nicht genug mit der chinesischen Geschichte aus, noch mit den Werken des Autors und ob sie sich wirklich unkritisch mit dem aktuellen Regime in China auseinandersetzen. Das wäre ein interessantes Leseprojekt für das kommende Jahr, wenn die Magisterarbeit und die Prüfungen Geschichte sind.

Freitag, 2. November 2012

Buchmesse 2012 – Neuseeland


Vom neuseeländischen Gastland-Auftritt war ich ein wenig enttäuscht. Ich schaffte es am Buchmesse-Freitag endlich zum Forum 1, um mir die Gestaltung von Neuseeland anzuschauen. Mit einer Freundin huschte ich in die Dunkelheit hinein. Doch bevor es endlich losging, gab es Sicherheitshinweise am Eingang: Alle spiegelnden Flächen sind Wasser und kein Glas.


Von diesem Wasser habe ich viel gehört. Man muss durchlaufen, hörte ich es aus einer Ecke munkeln. Das war ein falsches Gerücht, was ich mir auch schwer vorstellen konnte: Alle Besucher sollten ihre Schuhe ausziehen, ihre Socken und Strümpfe und durch Wasser waten? Nein. In dem dunklen Saal schlängelte sich ein glatte Wasserfläche, als würde man eine Insel betreten. So war es denn auch eigentlich: Der Besucher betrat Neuseeland.


Zwar wirkten die Wasserflächen in der Dunkelheit unglaublich hübsch, doch insgesamt blieb der Auftritt des Gastlandes eher karg gehalten. Zwischen den Leinwänden mit Personen war nichts, die Bühne war eine Bühne und in den wenigen Zelten hingen Bücher aus Neuseeland an langen, durchsichtigen Schnüren hinab. Das war alles? Fast: In einer Ecke nah dem Ausgang ging ein gewaltiger Mond von der Decke und leuchtete die Besucher an, spiegelte sich wunderschön in der glatten Wasseroberfläche.


Wir hatten Glück: Nur eine halbe Stunde später gab es etwas, was ich vermisst hatte. Außer einigen wenigen Masken fand ich in der Halle keine Hinweise auf die Māori-Kultur. Mit dem Auftritt einer Tanzgruppe in typischer Tracht und echten Tätowierungen stellte sich für mich langsam das Gefühl für dieses Gastland ein. Doch nach wenige Liedern zerbrach der Moment, als die Gruppe plötzlich zu modernen, hirnlosen Popmusik tanzte.


Was hatte ich eigentlich von der neuseeländischen Literaturszene im Kopf? Eigentlich nur zwei Sachen: Die Neuseeländer hatten dem Klischee nach eine Schwäche für Erzählungen und Kurzgeschichten. Außerdem gab es mindestens zwei neuseeländische Autoren, die gegenwärtig auf dem deutschen Bestsellermarkt gut verkauften.


Mittlerweile weiß ich, dass die Erzählkultur mit den Māori begann: Mündlich hielten sie ihre Geschichten fest von der Entstehung der Welt und die Entstehung von Neuseeland. Derzeit nehmen die Veröffentlichungen in der Sprache der Māori zu, doch ein Großteil der Bücher erscheint immer noch auf Englisch. Zunächst waren vor allem Reiseberichte und Tagebücher sehr weit verbreitet, heute lesen die Neuseeländer alles gerne, darunter aber immer noch historische Fachbücher.


Wesentlich spannender fand ich allerdings die Erzählung von meiner Freundin KR, die irgendwann grinsend verkündete, sie kenne selbst eine māorische Prinzessin. Da staunte ich erst einmal nicht schlecht.


Zwar ist die māorische Prinzessin komplett in Deutschland aufgewachsen, aber ihre Mutter würde noch in Neuseeland auf einer Inseln leben. Stirbt sie, würde die Prinzessin ihre Rolle übernehmen können und nicht nur über die Insel, sondern auch den Stamm herrschen. Eine interessante Vorstellung.


Ich hätte gerne mehr über dieses Gastland erfahren, mehr über die Bücher und vor allem mehr über die Māori-Kultur. So habe ich immer noch das Klischee eines dunkelhaarigen, braungebrannten, kräftigen Mann im Kopf, mit Tätowierungen überhäuft, mit einer wilden Kriegsbemalung und der typisch ausgestreckten Zunge. Dieses Bild bin ich leider nicht losgeworden, ich hätte gerne mehr gehabt.


Vielleicht habe ich ja Zeit, mich nächstes Jahr mehr mit dem Gastland Brasilien zu beschäftigen. Vielleicht wird der Gastland-Auftritt dann auch informativer gestaltet. Mit mehr Auszügen aus der Kultur- und Literaturszene.


So wird Neuseeland für mich leider weiterhin das bleiben, was das Motto uns eigentlich prophezeit hat: Ein dunkler, schwarzer, ferner Ort. While you were sleeping.