Freitag, 2. November 2012

Buchmesse 2012 – Neuseeland


Vom neuseeländischen Gastland-Auftritt war ich ein wenig enttäuscht. Ich schaffte es am Buchmesse-Freitag endlich zum Forum 1, um mir die Gestaltung von Neuseeland anzuschauen. Mit einer Freundin huschte ich in die Dunkelheit hinein. Doch bevor es endlich losging, gab es Sicherheitshinweise am Eingang: Alle spiegelnden Flächen sind Wasser und kein Glas.


Von diesem Wasser habe ich viel gehört. Man muss durchlaufen, hörte ich es aus einer Ecke munkeln. Das war ein falsches Gerücht, was ich mir auch schwer vorstellen konnte: Alle Besucher sollten ihre Schuhe ausziehen, ihre Socken und Strümpfe und durch Wasser waten? Nein. In dem dunklen Saal schlängelte sich ein glatte Wasserfläche, als würde man eine Insel betreten. So war es denn auch eigentlich: Der Besucher betrat Neuseeland.


Zwar wirkten die Wasserflächen in der Dunkelheit unglaublich hübsch, doch insgesamt blieb der Auftritt des Gastlandes eher karg gehalten. Zwischen den Leinwänden mit Personen war nichts, die Bühne war eine Bühne und in den wenigen Zelten hingen Bücher aus Neuseeland an langen, durchsichtigen Schnüren hinab. Das war alles? Fast: In einer Ecke nah dem Ausgang ging ein gewaltiger Mond von der Decke und leuchtete die Besucher an, spiegelte sich wunderschön in der glatten Wasseroberfläche.


Wir hatten Glück: Nur eine halbe Stunde später gab es etwas, was ich vermisst hatte. Außer einigen wenigen Masken fand ich in der Halle keine Hinweise auf die Māori-Kultur. Mit dem Auftritt einer Tanzgruppe in typischer Tracht und echten Tätowierungen stellte sich für mich langsam das Gefühl für dieses Gastland ein. Doch nach wenige Liedern zerbrach der Moment, als die Gruppe plötzlich zu modernen, hirnlosen Popmusik tanzte.


Was hatte ich eigentlich von der neuseeländischen Literaturszene im Kopf? Eigentlich nur zwei Sachen: Die Neuseeländer hatten dem Klischee nach eine Schwäche für Erzählungen und Kurzgeschichten. Außerdem gab es mindestens zwei neuseeländische Autoren, die gegenwärtig auf dem deutschen Bestsellermarkt gut verkauften.


Mittlerweile weiß ich, dass die Erzählkultur mit den Māori begann: Mündlich hielten sie ihre Geschichten fest von der Entstehung der Welt und die Entstehung von Neuseeland. Derzeit nehmen die Veröffentlichungen in der Sprache der Māori zu, doch ein Großteil der Bücher erscheint immer noch auf Englisch. Zunächst waren vor allem Reiseberichte und Tagebücher sehr weit verbreitet, heute lesen die Neuseeländer alles gerne, darunter aber immer noch historische Fachbücher.


Wesentlich spannender fand ich allerdings die Erzählung von meiner Freundin KR, die irgendwann grinsend verkündete, sie kenne selbst eine māorische Prinzessin. Da staunte ich erst einmal nicht schlecht.


Zwar ist die māorische Prinzessin komplett in Deutschland aufgewachsen, aber ihre Mutter würde noch in Neuseeland auf einer Inseln leben. Stirbt sie, würde die Prinzessin ihre Rolle übernehmen können und nicht nur über die Insel, sondern auch den Stamm herrschen. Eine interessante Vorstellung.


Ich hätte gerne mehr über dieses Gastland erfahren, mehr über die Bücher und vor allem mehr über die Māori-Kultur. So habe ich immer noch das Klischee eines dunkelhaarigen, braungebrannten, kräftigen Mann im Kopf, mit Tätowierungen überhäuft, mit einer wilden Kriegsbemalung und der typisch ausgestreckten Zunge. Dieses Bild bin ich leider nicht losgeworden, ich hätte gerne mehr gehabt.


Vielleicht habe ich ja Zeit, mich nächstes Jahr mehr mit dem Gastland Brasilien zu beschäftigen. Vielleicht wird der Gastland-Auftritt dann auch informativer gestaltet. Mit mehr Auszügen aus der Kultur- und Literaturszene.


So wird Neuseeland für mich leider weiterhin das bleiben, was das Motto uns eigentlich prophezeit hat: Ein dunkler, schwarzer, ferner Ort. While you were sleeping.



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