Freitag, 31. August 2012

Deutscher Buchpreis 2012 – Blind-Date-Lesereise


Gespannt fuhr ich am Dienstag nach Frankfurt. Da ich morgens keinen Kaffee getrunken hatte, nahm ich mir bei der Zugfahrt-Planung vor, mir die S-Bahn, die U-Bahn, den Bus zu schnappen, der eine Viertelstunde vor der Lesung ankommen sollte. Ich wollte nämlich nicht 40 Minuten zu früh auf dem Gelände rumkrebsen. Warum ich diese Gedanken hatte, weiß ich nicht (schiebe es dem Koffeinmangel zu), doch schließlich sammelte ich auf meinen Weg zum Mediacampus so viel Verspätungen ein, dass ich insgesamt eine halbe Stunde länger unterwegs war als geplant. Wer verlässt sich schon auf den Öffentlichen Nahverkehr? Zumindest in Hessen.

Doch warum die ganze Aufregung, das Hetzen und Ärgern? Ich wollte zur ersten Blind-Date-Lesung der Longlist-Kandidaten zum Deutschen Buchpreis 2012. Die Autoren besuchen viele Städte in ganz Deutschland. Und keiner von den Teilnehmern der Blind-Date-Lesereise weiß vorher, in welcher Stadt welcher Schriftsteller liest. Ich quetschte die Daumen und wurde belohnt: In Frankfurt las Ursula Krechel ihren Roman »Landgericht«, der bei Jung und Jung erschienen ist.


In dem Buch kehrt Richard Kornitzer, er ist ein Richter gewesen, nach dem Zweiten Weltkrieg zurück in die Heimat. Die Nazizeit hat sein komplettes Leben verändert und seine Familie ist zwischen dem Bodensee, Mainz und England versprengt. Die Heimat ist Kornitzer fremder als das in magisches Licht getauchte Exil in Havanna. Es ist ein Roman, der die Gründungsjahre der Republik und die Lebensgeschichte eines Mannes erzählt, der nie wirklich wieder zu Hause kommt.

Entgegen aller Vermutungen verriet Ursula Krechel nach ihrer Lesung, dass sie für den Roman nicht sehr viel recherchiert habe. Sie war im Mainzer Staatsarchiv gewesen und natürlich für ein paar Tage in Lindau am Bodensee. Insgesamt hat sie zwei Schulhefte vollgeschrieben mit interessanten Berichten und Erinnerungen aus der Gründerzeit. Krechel, selbst 1947 in Trier geboren, konnte für den Roman auch ihre eigenen Erinnerungen als drei- oder vierjähriges Kind einfließen lassen.

Das Thema des Romans »Landgericht« selbst finde ich sehr spannend, Krechel begründete dies in folgender Zahl: Nur fünf Prozent aller Exilanten kamen nach dem Krieg zurück, doch was wurde aus ihnen? Wie fügten sie sich in das neue, alte, fremde Leben im Nachkriegsdeutschland ein? Richard Kornitzers Kinder landeten während des Krieges in England. Krechel hat viele Kindertransportberichte gelesen, um diesen Handlungsstrang so authentisch wie möglich beschreiben zu können. »Die Angst der Kinder vor Deutschland war in England groß, vor allem, wenn die Deutschen mit ihren Fliegerbomben kamen. Sehr schnell mussten sie ihre Heimatsprache vergessen, um nicht ausgegrenzt zu werden«, berichtete sie. Kornitzers Tochter im Roman ging mit vier Jahren nach England und kam nach zehn Jahren zurück. Sie beherrschte die Sprache kaum und ihre Eltern waren ihr vollkommen fremd.

Besonders faszinierend ist die Sprache des Romans, der sehr sachlich und unaufgeregt die Handlung beschreibt. Krechel setzte so den Chronikstil um. Im Publikum gab es Kritik, dass der Protagonist zu ruhig und nicht wütend genug sei, obwohl er allen Grund dazu hätte. Doch genau hier verbirgt sich das spannende Element des Romans: Krechel hat das Berufsbild der Juristen sehr genau studiert und in ihnen sehr rationale Menschen erlebt, die sich gerne gegen ihre Emotionen versperren. Deshalb geht der Zorn des Protagonisten Richard Kornitzer nach Innen und richtet sich gegen sich selbst. Bei ihren Recherchen ist sie auch auf diese Spätschäden gestoßen. »Richard implodiert und explodiert nicht!«, betonte sie.


Ursula Krechel hat Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften studiert. Sie hat geschrieben, seitdem sie schreiben kann. Eine besondere Vorliebe hat sie für Lyrik. Derzeit liest sie deshalb auch viele Gedichte, aber auch zeitgeschichtliche Romane. Mehr Informationen zur Autorin und ihren Büchern gibt es auf der Seite von Jung und Jung.

Weitere Termine für die Blind-Date-Lesereise sehen wie folgt aus:

Königs Wusterhausen
31.08.2012, 19:30 Uhr
Stadtbuchhandlung Radwer / Festsaal der Kavalierhäuser
Bahnhofstraße 11 / Schlossplatz 1
Telefon 03375 293667

Gernsbach
04.09.2012, 20:00 Uhr
Bücherstube
Kelterplatz
Telefon 07224 40133

Brühl
05.09.2012
Die Buchhandlung
- entfällt -

Hanau
05.09.2012, 20:00 Uhr
Buchladen am Freiheitsplatz
Am Freiheitsplatz 6
Telefon 06181 28180

Düsseldorf
06.09.2012, 20:00 Uhr
Bolland & Böttcher
Rethelstraße 121
Telefon 0211 6913571

Bonn
06.09.2012, 20:00 Uhr
BuchLaden 46 (in Kooperation mit dem Literaturhaus Bonn)
Kaiserstraße 46
Telefon 0228 223608

Wiesmoor
07.09.2012, 20:00 Uhr
Susannes Buchhandlung
Hauptstraße 181
Telefon 04944 2194

München
07.09.2012, 19:30 Uhr
BücherOase KG
Knorrstraße 45
Telefon 089 18921730

Vellmar
10.09.2012
büchereck am Rathaus
Rathausplatz 3
Telefon 0561 826561

Lagoa, Portugal
11.09.2012
ALFA (Assoziation der Literatur- und Filmfreunde der Algarve)

Mittwoch, 29. August 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 35


Das Frankfurter Literaturhaus hat das Lesekabinett derzeit ganz toll dekoriert: Von der Decke schweben, fliegen, fallen, wuschen ganz viele Stifte Richtung Bühne. Allein das Kabinett ist schon einen Besuch wert (vor allem wenn Lesungen oder Diskussionen stattfinden), aber mit den fliegenden Stiften und den atmenden Büchern ist die Atmosphäre dort wahrhaft magisch.

Montag, 27. August 2012

Rezension – Kristin Cashore: »Die Flammende«

Rote Haare, locker in einen Zopf geflochten: Dem Buchcover von »Die Flammende« von Kristin Cashore konnte ich wirklich nicht widerstehen. Noch dazu hat mir »Die Beschenkte« von ihr gut gefallen. Dieser Roman hier auch?

Inhalt
Die Hauptfigur ist ein junges Mädchen namens Fire. Sie ist etwas Besonderes, denn sie ist das einzige menschliche Monster im Königreich Dells. In diesem Königreich leben nicht nur Tiere und Menschen, sondern auch Monster: Es gibt Katzenmonster, Vogelmonster, Stechmückenmonster, Tigermonster. Allen gemein ist, dass sie das Fleisch von anderen Monstern lieben und schreiend bunt sind. Durch ihr Aussehen betören sie andere Lebewesen. Fire hat flammend rote Haare, die jeden Mann und jede Frau wahnsinnig machen, wenn sie es offen trägt. Außerdem kann sie in das Bewusstsein anderer Lebewesen eindringen. Fire ist einer Verschwörung auf der Spur, denn jemand will den jungen König Nash stürzen. Trotz der moralischen Probleme, die ihre Gabe ihr bereit, beschließt Fire zur Hauptstadt zu reisen … mit dem gutaussehenden Bruder des Königs, dem Heerführer Brigan, der sie zu hassen scheint.

Meinung (Ohne Spoiler)
Leider hat das Buch meine Erwartungen, die ich durch »Die Beschenkte« hatte, nicht erfüllt. Die Geschichte ist sehr schematisch aufgebaut, die Hauptfigur erlebt nur oberflächlich eine Wandlung und zwischenmenschlich passiert wenig: Die Beziehung zwischen Fire und Brigan bleibt bis zum Schluss farblos. Kapitel für Kapitel hangelt sich die Autorin in der Geschichte voran und mit jedem neuen Abschnitt scheint sie eine »Weiterentwicklung« der Hauptfigur abgehakt zu haben: Fire wird sich bewusst, dass sie etwas Grandioses begriffen hat. Und weiter geht die Handlung. Doch zum Umsetzen der neuen Erkenntnisse langt es dann leider nicht. Die unsichere Fire – die eigentlich gut mit dem Bogen umgehen kann – muss dauernd gerettet werden und ist trotz ihrer Kräfte hilflos. Und wie lernen sich Fire und Brigan überhaupt kennen? Eigentlich überhaupt nicht. Ein paar Spaziergänge, oberflächliche Gespräche, nichts weiter. Die Intrigen werden aufgeblasen, doch eigentlich passiert nichts Überraschendes. So plätschert die Handlung dahin, so glatt und reizlos, wie Fire selbst eigentlich ist. Die Flammende? Mitnichten.

Fazit
Das einzige Flammende in diesem Buch waren wohl Fires Monatsblutungen. Die Geschichte und die Charaktere in »Die Flammende« sind eindimensional, reizlos und viel zu brav. Warum eigentlich? Die Autorin Kristin Cashore hätte so viel aus der Geschichte herausholen können. Fire hätte ein starker Charakter werden können, der sich aus den Klauen der Vergangenheit losreißt und glücklich wird – trotz ihres Problems (Schönheit als Fluch). Stattdessen jammert sie, hat Angst und lässt sich retten. Nein danke, ohne mich.



Kristin Cashore
»Die Flammende«
Carlsen Verlag, 510 Seiten, 19,90 Euro
ISBN: 978-3551582119 
Erschienen im Januar 2011

Freitag, 24. August 2012

Deutscher Buchpreis 2012 – Longlist

Letzte Woche Mittwoch, am 15. August 2012, saß ich um kurz vor 11 Uhr in meinem Auto Gretchen und starte mein Handy an. Ab und an aktualisierte ich den Browser (so ziemlich jeden Augenblick), überlegte, ob ich die Infos vielleicht schneller über twitter bekommen könnte (Direktlink) und fragte mich, warum zum Teufel der Arztbesuch gerade an dem Tag so lange dauern musste. Warum?


Ab 11 Uhr gab die Jury ihre Nominierten für die Longlist des Deutschen Buchpreises bekannt. Das ist jedes Jahr ein spannender Augenblick für mich: Welche Autoren schaffen es auf die Longlist? Welche Verlage sind nominiert und welche nicht? Kenne ich vielleicht sogar einen der Schriftsteller oder einen der glücklichen Verleger? Was für Klatsch wird sich mit der Nominierung ergeben?

Ernst Augustin: Robinsons blaues Haus (C. H. Beck, Januar 2012)
Bernd Cailloux: Gutgeschriebene Verluste (Suhrkamp, Februar 2012)
Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend (Knaus, August 2012)
Milena Michiko Flašar: Ich nannte ihn Krawatte (Wagenbach, Ja-nuar 2012)
Rainald Goetz: Johann Holtrop (Suhrkamp, September 2012)
Olga Grjasnowa: Der Russe ist einer, der Birken liebt (Hanser, Februar 2012)
Wolfgang Herrndorf: Sand (Rowohlt.Berlin, November 2011)
Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen (Frankfurter Verlagsanstalt, September 2012)
Germán Kratochwil: Scherbengericht (Picus, Februar 2012)
Ursula Krechel: Landgericht (Jung und Jung, August 2012)
Dea Loher: Bugatti taucht auf (Wallstein, März 2012)
Angelika Meier: Heimlich, heimlich mich vergiss (Diaphanes, März 2012)
Sten Nadolny: Weitlings Sommerfrische (Piper, Mai 2012)
Christoph Peters: Wir in Kahlenbeck (Luchterhand, August 2012)
Michael Roes: die Laute (Matthes & Seitz Berlin, September 2012)
Patrick Roth: Sunrise (Wallstein, März 2012)
Frank Schulz: Onno Viets und der Irre vom Kiez (Galiani Berlin, Februar 2012)
Clemens J. Setz: Indigo (Suhrkamp, September 2012)
Stephan Thome: Fliehkräfte (Suhrkamp, September 2012)
Ulf Erdmann Ziegler: Nichts Weißes (Suhrkamp, August 2012)

Der erste Überblick offenbarte mir gleich den größten Skandal: Kein S.Fischer, kein KiWi, nur einmal Hanser und auch nur einmal Rowohlt. Und stattdessen war Suhrkamp gleich mit fünf Titeln nominiert! Ebenfalls erstaunlich: Random House war mit zwei Titeln aus den Verlagen Knaus und Luchterhand nominiert. Sehr erfreulich fand ich die Nominierungen vieler Independent Verlage, zum Beispiel Matthes & Seitz, Jung und Jung und allem voran natürlich die Frankfurter Verlagsanstalt, die ich dieses Jahr kennenlernen durfte. Schade fand ich auch, dass der Antje Kunstmann Verlag gefehlt hat (hab dort einer jungen Autorin die Daumen gedrückt). 

Große Überraschungen gab es für mich nicht, wenn es beispielsweise um die Nominierung des preisgekrönten Wolfgang Herrndorf ging, oder um Sten Nadolny, Stephan Thome (zum zweiten Mal nominiert) und Clemens J. Setz. Die Themen klangen alle recht verschieden. Mich hat inhaltlich bislang am meisten der Hanser-Titel von Olga Grjasnowa angesprochen, überraschenderweise fand ich auch den Knaus-Titel spannend. Aber bevor ich in den nächsten Buchladen renne und mir einen der nominierten Titel hole, warte ich erst einmal das Buch mit den Leseproben ab, das mich letztes Jahr vor einem bösen Fehlkauf bewahrt hat (kurze Sätze!).

Wie geht es nun weiter? Aus den 162 eingesandten Titeln haben sich die Jurymitglieder 20 Romane für die Longlist ausgesucht. Die Shortlist mit sechs Titeln wird am 12. September 2012 bekannt gegeben, bevor im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse am 8. Oktober 2012 der Gewinner gekürt wird. Der Preisträger bekommt 25.000 Euro, die anderen Shortlist-Kandidaten jeweils 2.500 Euro.

In der Jury sitzen: Andreas Isenschmid, Silke Grundmann-Schleicher, Oliver Jungen, Dirk Knipphals, Stephan Lohr, Jutta Person und Christinae Schmidt. Neben dem Longlist-Buch mit Leseproben wird es zusätzlich in ganz Deutschland Blind Date-Lesungen mit den Autoren der Longlist geben. Mal schauen, wen ich nächste Woche auf dem mediacampus in Frankfurt erwischen werde, denn im Vorfeld wird nicht verraten, wer wo lesen wird! Mehr Informationen zum Deutschen Buchpreis gibt es auf deren Homepage.


Mittwoch, 22. August 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 34


Das Bild entstand während der Hauptversammlung des Börsenverein im Berliner Congress Center am Alexanderplatz. Ich saß eine viertel Stunde als Gast drinnen und habe mir die Rede des Nachwuchssprechers TS angehört. Alles davor und danach war recht desillusionierend, da es nichts weiter als eine überlange Jahreshauptversammlung gewesen ist. Als Lokaljournalistin nehme ich jedes Jahr mindestens zehn solcher Veranstaltungen mit. Meine Erfahrung? Je größer, desto länger, desto aufgeblasener, desto komplizierter, desto unnötiger, desto nerviger. Besonders, wenn Perfektionisten im Publikum sitzen. Zumindest war die Decke hübsch.

Montag, 20. August 2012

Buch-Challenge – »Rory Gilmore Reading Challenge«




Neulich habe ich meine Sehnsucht nach echten Büchern beschrieben. Bücher, die Gesellschaften bewegt und ihre Leser verändert und beeinflusst haben. Literatur, die kompliziert ist, den Leser fordert und mit echten Glücksmomenten belohnt: Spitzen Dialogen, tiefgründigen Charakteren, unerwarteten Wendungen. Bücher, die in ihrer Klarheit schockieren, die mit ihren Themen mitreißen und deren beschriebene Kultur einfach unglaublich ist.

Auf der Suche nach einem Bild von der lesenden Rory Gilmore bin ich plötzlich über eine Challenge gestolpert, bei der mein Leserherz gejauchzt hat. Die »Rory Gilmore Reading Challenge« listet alle Bücher auf, die Rory Gilmore während all den Staffeln je in der Hand gehalten und gelesen hat, aber auch jene, über die gesprochen wurde. Und genau diese Liste möchte ich mir vornehmen.

Da ich mir derzeit ein Leseverbot auferzwungen habe, weil ich mich auf meine Magisterarbeit konzentrieren möchte, plane ich nach meinem Abschluss, das Jahr 2013 zu einem Rory-Gilmore-Lesejahr zu machen. Ich werde (außer für die Arbeit) keine anderen Bücher lesen als die, die auf der Liste stehen.

Es sind viele Titel dabei, die ich schon immer lesen wollte, angefangen von Marcel Proust, Lewis Carroll, Henry James, William Faulkner, Sylvia Plath, Alexandre Dumas, Dostojewsky, Arthur Miller, Dante, James Joyce, Mark Twain, Victor Hugo und vielen mehr, außerdem noch einige Schriftsteller, die ich gerne noch einmal lesen würde, wie vieles von Shakespeare, Stephen King, Sailinger, Kafka, Norman Mailer, Umberto Eco, Oscar Wilde und Virgina Woolf.


Die komplette Listet findet ihr hier. Für Deutschland hat die Bloggerin SeitenBlicke das Thema aufgegriffen und eingeführt. Zum Start werde ich nochmal die komplette Liste übersetzen, sortieren und in einem neuen Blogpost aufgreifen. Ich freue mich schon auf 2013 und auf qualitatives statt quantitatives Lesen!

Mittwoch, 15. August 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 33


Mangas. Meine Erfahrung beruhte auf einer Enttäuschung. Vor Jahren habe ich im Fernseher gespannt eine Anime-Serie verfolgt und die blauen Haare der männlichen Hauptfigur geliebt, vergöttert, abgeschleckt. Als ich Jahre später wieder über die Sendung stolperte, stöberte ich im Netz nach Büchern und wurde bei einem Manga fündig. Ich bestellte ihn und war total gespannt auf meinen ersten Comic.
Die Enttäuschung war groß: Schwarzweiß.
Mein männlicher Protagonist mit den wundervollen blauen Haaren hatte keine blaue Haare mehr. Und eine Leseanleitung? Gab es nicht. Ich las das komplette Buch in der Ungewissheit, die richtige Reihenfolge einzuhalten, oder vielleicht auch nicht. Dieses Jahr erzählte mir nun meine liebste verrückte Freundin JO von ihrem Lieblingsmanga. Tags darauf lag er auf meinem Bürotisch und blickt mich erwartungsfroh an. Nun gut, die Aufmachung war nicht schlecht, die Geschichte klang spannend und die Hauptfigur hatte lustige Haare. Belohnt wurde ich mit Deathnote in der Black Edition und einem wundervollen, knifflig konstruierten Krimi mit tiefgründigen Charakteren. Es war ein netter Ausflug mit spannenden Ideen und machte mein Blaue-Haare-Trauma ein wenig wieder wett.

Montag, 13. August 2012

Hotlist 2012 – Der Preis der Unabhängigen Verlage

Der Preis der Unabhängigen Verlage entstand vor drei Jahren als Gegenbewegung zum großen Deutschen Buchpreis. Damals hatten es mal wieder nur sehr wenig kleine Verlage auf die Long- bzw. Shortlist geschafft, sodass der neue Preis genau dieser Zielgruppe eine Plattform geben sollte. Heute sind Indie-Verlage auf der Long- und Shortlist des Deutschen Buchpreises zum Glück keine Seltenheit mehr, wie beispielsweise auch der Sieg eines Jung und Jung-Titels vor zwei Jahren zeigt.


Der erste Schwung der Gründerverlage setzte ihre besten Titel noch ohne eine unabhängige Jury auf die Liste – aber diese Zeiten sind schon längst Geschichte. Es war zunächst einfach eine wilde, freche Hau-Ruck-Idee gewesen, die fast über Nacht entstanden und erst im Nachhinein richtig ausgearbeitet worden ist.

Die Jury, bestehend aus Journalisten, Buchkritikern und Buchhändlern (u.a. Daniela Strigl), sichtet die eingesandten möglichen Kandidaten. Dieses Jahr gab es 145 Einsendungen von Verlagen, die ihre Spitzentitel anpriesen. Aus denen entsteht eine Longlist aus 30 Titeln, die sich in einer zweiten Runde auf zehn Bücher reduzieren: Drei werden per Publikumsvoting bestimmt, sieben erneut durch die Jury. Noch bis zum 15. August 2012 kann das Publikum auf der Homepage ihren Hotlist-Kandidaten auswählen. Die Preisverleihung findet während der Frankfurter Buchmesse (Freitag, 12. Oktober 2012) statt, dieses Mal in neuer Kulisse im Frankfurter Literaturhaus.

Mit dabei sind folgende aktuelle Titel der Indie-Verlage:

Miklós Vajda: »Mutterbild in amerikanischem Rahmen« (Braumüller)
Michael Muhammad Knight: »Taqwacore« (Rogner & Bernhard)
Peter Gizzi: »Totsein ist gut in Amerika« (luxbooks)
Robert Louis Stevenson/Henning Wagenbreth: »Der Pirat und der Apotheker« (Peter Hammer)
Jens Nielsen: »Das Ganze aber kürzer« (Der gesunde Menschenversand)
»Freitag. Ein Taschenbuch« (Lars Müller)
Joachim Zelter: »Untertan« (Klöpfer & Meyer)
Angelika Meier: »Heimlich, heimlich mich vergiss« (diaphanes)
Ivan Klíma: »Stunde der Stille« (Transit)
Tamta Melaschwili: »Abzählen« (Unionsverlag)
Lucien Deprijck: »Die Inseln, auf denen ich strande« (mare)
Helon Habila: »Öl auf Wasser« (Wunderhorn)
James Frey: »Das Letzte Testament der Heiligen Schrift« (Haffmanns & Tolkemitt)
Hernán Ronsino: »Letzter Zug nach Buenos Aires« (Bilger)
P. Howard: »Ein Seemann in der Fremdenlegion« (Elfenbein)
Michèle Roten: »Wie Frau sein« (Echtzeit)
Dres Balmer: »Route 66 – Mit dem Fahrrad von Chicago nach Los Angeles« (Rotpunkt)
Les Murray: »Der schwarze Hund« (Edition Rugerup)
Leo Tuor: »Giacumbert Nau. Bemerkungen zu seinem Leben« (Limmat)
Jolanda Piniel: »Die Verbannte« (Dörlemann)
Franziska Gerstenberg: »Spiel mit ihr« (Schöffling)
Arezu Weitholz: »Wenn die Nacht am stillsten ist« (Antje Kunstmann)
Tor Ulven: »Dunkelheit am Ende des Tunnels« (Droschl)
Jeffrey Yang: »Ein Aquarium« (Berenberg)
Bernard Granger alias Blexbolex: »Niemandsland« (Jacoby & Stuart)
Steven Uhly: »Glückskind« (Secession)
Paul Rosenhayn: »Elf Abenteuer des Joe Jenkins« (Tally-Ho!)
Ingvar Ambjørnsen: »Den Oridongo hinauf« (Edition Nautilus)
Giancarlo De Cataldo / Mimmo Rafele: »Zeit der Wut« (Folio)
Lukas Meschik: »Luzidin oder Die Stille« (Jung & Jung)

Die Einreichungen sind nicht auf Belletristik-Titel beschränkt. Dabei sind auch deutschprachige Erzählungen, Lyrik, deutschsprachige Romane, Erzählliteratur aus anderen Sprachen, Krimis und Thriller, Graphic Novels, Essays, Tagebücher und Betrachtungen, erzählende Sachbücher, Politik und Zeikritik, Anthologien und das besondere Buch.

Neben dem Hotlist-Preis wird auch der Melusine-Huss-Preis, benannt nach einer berühmten Frankfurter Buchhändlerin, verliehen, der einen Druckgutschein im Wert von 4.000 Euro für einen Verlag beinhaltet. Der Hotlist-Preis selbst ist mit 5.000 Euro dotiert.

Freitag, 10. August 2012

Vorsicht, Verwechslungsgefahr! (II)

Letztens musste ich wieder mal viele aktuelle Neuerscheinungen durchgehen, dieses Mal im Bereich Jugendbuch. Da ich nicht nur stupide ISBN-Nummern kopieren wollte, hab ich auch hin und wieder in die Klappentexte reingelesen. Und dabei ist mir etwas sehr witziges aufgefallen: Die meisten erste Sätze im Werbetext aktueller Jugendbuch-Bestseller hatten Satzkonstruktionen mit den Wörtern »bis«, »als« oder »doch (dann)«, die vereinfacht beschrieben eine Wendung in einer Handlung ankündigen. Seht selbst, wie meine Sammlung wahllos ausgewählter Titel aussieht:

Mit Romantik oder gar Leidenschaft hätte Bella ihren Umzug nach Forks, einer langweiligen, ständig verregneten Kleinstadt in Washington State, kaum in Verbindung gebracht. Bis sie den geheimnisvollen und attraktiven Edward kennenlernt.


Sophie ist gerade mit ihrer Mutter nach Kalifornien gezogen und eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben. Doch dann rammt sie beim Ausparken das Auto eines Jungen, der unglaublich charmant und gut aussehend ist.

Wie ein feuriger Blitzschlag ... ... fühlt es sich an, als Asher in Remys Leben tritt.

Für die sechzehnjährige Milla scheint die Zeit stehen zu bleiben, als sie an einem heißen Frühlingstag dem jungen Gondoliere Luca begegnet.

Lucinda Price ist 17 und den ersten Tag auf dem Internat, als sie ihn sieht: Daniel Grigori, den unglaublich attraktiven, aber auch unglaublich distanzierten Jungen, von dem sie sicher ist, dass sie ihn schon einmal gesehen hat.


Lady Katsa wird überall gefürchtet, denn sie hat die Gabe des Tötens. Doch sie ist es leid, ständig als Racheengel eingesetzt zu werden - und als sie dem geheimnisvollen Prinzen von Lienid begegnet, schöpft sie Hoffnung, mit ihrer Gabe auch Gutes bewirken zu können.

Zwischen Himmel und Hölle liegt nur ein Herzschlag. Als Frannie zum ersten Mal Luc begegnet, fehlen ihr die Worte. Dabei ist sie sonst nicht auf den Mund gefallen. Doch der Neue sieht einfach unverschämt gut aus: ein echter Drauf­gänger mit dunkler Aura – genau ihr Typ.

Auch Lena steht dieser kleine Eingriff bevor, kurz vor ihrem 18. Geburtstag. Danach wird sie geheilt sein. Sie wird sich nicht verlieben. Niemals. Aber dann lernt sie Alex kennen.

Als Jade, das Mädchen mit den
flussgrünen Augen, den schönen und fremdartigen Faun kennenlernt, ist ihre Welt bereits am Zerbrechen.

Als Nora ihm zum ersten Mal begegnet, weiß sie gleich, dass seine
tiefschwarzen Augen mehr verbergen als offenbaren: Patch wirkt geheimnisvoll, fast unheimlich auf sie, und Nora ist zutiefst fasziniert von seiner rätselhaften Ausstrahlung.

Verliebt war die sechzehnjährige Tori schon hunderte Male. Doch noch nie hat sich ihr Angebeteter vor ihren Augen in schimmernde Luft aufgelöst. Cam Chase, mit seinen
tiefgrünen Augen, verbirgt ein Geheimnis vor ihr. Doch was steckt hinter seinen wandlerischen Fähigkeiten?

Ob die Sterne wussten, dass diese Nacht Mias Leben verändern würde? Sie erleuchteten den ganzen Himmel, als Iason mit den anderen Flüchtlingen auf der Erde landete. Jetzt steht er vor ihr. Eine dunkle Stille geht von ihm aus, doch seine
graublauen Augen scheinen ins Innerste von Mia zu blicken.

Vor etwa einem Jahr war ich frustriert. Mit Büchern, mit der Literatur, mit dem Buchmarkt. Ich sagte zu meinem Verlagskollegen (der wie ich Literaturwissenschaftler ist): Ist das nicht unglaublich zermürbend? Irgendwann wiederholt sich doch jede Geschichte. Ich begann nur noch Bezüge, Motive und Personenkonstellationen zu sehen, die in einem unendlichen Brei immer wieder auf dasselbe Ende hinausliefen. Ich dachte an eben diesen Verleger, der mir erzählt hatte, dass er seit Jahren keine Bücher mehr lese und nur noch eins nach dem anderen anlese (so kamen wir zu meiner Beschreibung). 

Ich dachte aber auch an einen Zeitungsartikel, den ich vor Jahren gelesen habe. Der beschreibt, dass Menschen eigentlich gerne in ihrem Genre bleiben und so immer wieder dieselben Geschichten erleben wollen. Wer einmal sein ganzes Leben lang historische Liebesromane gelesen hat, wird sich im Alter schwer zu einem Krimileser umerziehen lassen. 

Und dann entdeckte ich diese Sätze aus den Klappentexten, die genau dieses Phänomen, diesen Zeitgeist beschreiben. Ein Trend führt zur nächsten Modeerscheinung: Erst die Vampire, dann die Werwölfe, dann die Engel und Dämonen, dann die Zombies. Und selbst wenn die Protagonisten sich ändern, bleibt die Konstellation der Figuren doch immer gleich und befriedigt so eine junge Zielgruppe, die genau das lesen will, was der Buchmarkt ihnen liefert.

Es sind Geschichten von jungen Mädchen, idealerweise 17 Jahre jung (Identifikationsmöglichkeit ist gegeben und die Grauzone zwischen Jugendlichen und Erwachsenen wird miteinbezogen), die entweder denken, sie wären zu normal. Oder die sich unnormal und sich deshalb als Außenseiter fühlen. Dann tritt der Wandel in Form eines Jungen ein. Dieser Fremde ist stets geheimnisvoll, unheimlich, mysteriös, rätselhaft und sieht sehr gut aus. Es folgt eine unwiderstehliche Faszination der Charaktere füreinander. Wie die Geschichte weitergeht, hängt von der Rollenverteilung ab. Ist das Mädchen wirklich normal und nicht besonders, dann ist der fremde Junge anders und zieht das Mädchen in seine unnormale Welt. Entweder er ist ein anderes Wesen oder hat besondere Kräfte. Es kommt zu einer Einführung in die fremde Welt, es kommt zu einem Konflikt mit der Welt und ihren Restriktionen, die die Liebe zwischen dem Mädchen und dem Jungen prüft. Danach folgt ein schönes Ende.
Es kann aber auch sein, dass das Mädchen nicht normal ist und der fremde Junge diese Veränderungen deutlich macht. Er als Mensch erkennt das Unmenschliche in ihr. Entweder hat er das Wissen, sie aufzuklären (er spielt eine Rolle in dieser magischen Welt) oder sie will verhindern, dass er sich aus ihrer neuen Welt entfernt und weiht ihn in das Geheimnis ein. Wieder kommt es zu Konflikten zwischen ihrer und seiner Welt, die Liebe jedoch bleibt bestehen.

Die Augensymbolik spielt gegenwärtig eine immens große Rolle: Es kann als sehendes, wissendes, erkennendes Auge interpretiert werden. Bella sieht, dass Edward anders ist. Seine Augenfarbe verändert sich zudem als sichtbarer Beweis. Als mystisches und religiöses Symbol durchdringt das Auge alle Geheimnisse und weiß alles: Als wissendes Auge blickt es über die Geheimnisse, die verborgen sind, hinweg. Dadurch gewinnt der Sehende Macht und Stärke. Sämtliche Charaktere sind deshalb fasziniert von den geheimnisvollen Augen des Fremden und umgekehrt. Ist der Junge nicht von dieser Welt, erkennt das Mädchen in den Augen dieses Geheimnis. Ist das Mädchen nicht normal, erkennt es in den sanften, menschlichen Augen des Jungen ihre eigene Fremdheit. Natürlich erkennen sich das Mädchen und der Junge gegenseitig in ihrem Blick: Ihre Augen sind der Spiegel ihrer Seele und indem sie sich ganz erkennen, schafft das eine Bindung, die keinerlei Erklärung oder Begründungen braucht: Es ist die unsterbliche Liebe.

Mit dieser Zuordnung habe ich für mich eine Begründung gefunden, warum mich der Buchmarkt vor gar nicht so langer Zeit unglaublich frustriert hat. Letztendlich sind die gegenwärtigen Bestseller alles Spiegelungen von tausend anderen zuvor gelesenen Geschichten. Teilweise brauchte die Liebe beider Protagonisten sogar so wenig Begründung, dass die Bücher überhaupt keinen Tiefgang hatten und die Figuren platt und oberflächlich wurden. Die Entwicklung war selten überraschend, denn das Schema war immer gleich. Dabei war es egal, ob ein Werwolf oder ein Engel die Hauptfigur spielte, denn jede Welt brachte seine eigenen Restriktionen mit sich, die wiederum (Achtung! Spoiler!) immer zu demselben Ergebnis führte: Ein perfektes, langweiliges (unendliches) Leben mit der großen Liebe, variabel ausgedehnt auf eine beliebige Anzahl von Büchern.

Klar wird damit ein Markt bedient und Leser herangezogen, die genau das lesen wollen, was sie bekommen. Ich hingegen bin ein Leser, der alles liest und jedes Genre annimmt. Ich bin offen für Bestseller, für Indie-Literatur, für Klassiker, für Trash, für ernste Gegenwartsliteratur, blutige Thriller, historische Romane, schnulzige, französische Liebesgeschichten, Vampirbücher (ich bin auf Dracula und Stephen King geprägt), Abenteuerromane, Internatsgeschichten, die großen Amerikaner, die Russen, die Südamerikaner, die Autoren aus dem Balken, die Schriftsteller aus Island: Kurzum liebe ich die Abwechslung, wie verschiedene Länder, Zeiten und Kulturen mit verschiedenen oder gleichen Themen umgehen und bin offen für das Neue. Ein, zwei Jahre habe ich zwischen Nabokov, Shakespeare, Samuel Beckett, Don DeLillo, Tolstoi, Baudelaire, T.S. Eliot, E.T.A. Hoffmann, Marcel Proust, Émile Zola, Mark Danielewski und anderen Büchern, die mich forderten, in den freien Stunden gerne bei den erwähnten Büchern Freiheit gesucht. Es waren einfache Bücher, die in einer Nacht runtergelesen werden konnten, die bestätigten, dass ich als langsam lesende Leseratte mehr als 50 Bücher im Jahr schaffe. Aber mit der Zeit frustrierten sie mich so sehr, dass ich mich nun nach der Zeit sehne, die nach meiner Magisterarbeit kommt. Wenn ich wieder die Zeit finde, mich mit anspruchsvoller Literatur, unglaublichen Dialogen, überraschenden Wendungen und tiefgründigen Figuren auseinander zu setzen. 

Mal schauen, wie der Markt für Jugendbücher in zehn Jahren aussehen wird. Wenn den Autoren nach Wurmmenschen, Außerirdischen und sämtlichen, aufgewärmten Märchenprotagonisten keine phantastischen Wesen mehr einfallen, müssen sie ja an den Handlungen etwas verändern. Vielleicht.

Mittwoch, 8. August 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 32


Ich lerne derzeit Vogelstimmen. Dazu muss ich wieder ausholen: Vor zwei Wintern fing Wortschatz an, ebenfalls mit einer Spiegelreflex zu fotografieren. In seiner Erstausrüstung war ein solides Tele mit dabei. Vielleicht für Vögel, meinte er. Da preschten all die Vorurteile auf mich ein, die ich von Vogelknipsern hatte: Frühes Aufstehen, gewaltige Teleobjektive, Stative, Tarnnetze. Und das alles für ein paar Piepmätze.

Auf unseren Streifzügen durch die Natur machte ich so einige Entdeckungen. Fotografisch betrachtet entwickelt sich jeder weiter. Wortschatz landete schließlich nicht bei den Vögeln, sondern bei den Krabbelviechern. Und ich? Derzeit bei Naturaufnahmen, verspielten Makros und unterbelichteten Lichtspielereien. Besonders letzteres. Aber auf unseren Streifzügen merkte ich, wie vorteilhaft es sein konnte zu wissen, nach was man Ausschau halten musste. Das Suchen funktioniert dann plötzlich ganz anders. Nur habe ich bislang noch nie etwas so ungeheuer schwieriges gelernt als Vogelstimmen. Mir war nie bewusst, wie kompliziert es ist, sich gehörte Melodien einzuprägen. Irgendwann kam mir alles bekannt vor, die Zuordnung hingegen ... daran hapert es derzeit noch.

Warum landet nun dieses Foto bei den bibliophilen Momentaufnahmen? Aus zwei Gründen. Erstens ist es ein Buchfink (seinen schmetternden Ruf erkenne ich mittlerweile ... blind). Und zweitens habe ich heute Geburtstag. Auf meiner Wunschliste steht ein Vogelstimmen-Lernbuch (mit meinem von Kosmos bin ich unzufrieden), das mir während des Buchcamps im Mai von einer lieben Mitarbeiterin des Verlags empfohlen wurde. Hoffentlich liegt es heute unter meinen bescheidenen Geschenkebergen.

Montag, 6. August 2012

Testbericht E-Reader – ASUS Eee Note EA800

Technische Details 
Der ASUS Eee Note EA800 ist ein E-Reader mit einem 8 Zoll großen, matten, nicht hintergrundbeleuchteten LCD-Display (64 Graustufen), den es seit Anfang 2012 in Deutschland direkt über Asus zu kaufen gibt. Er kostet derzeit 199 Euro. Der Prozessor hat eine Taktgeschwindigkeit von 624 MHz und im Inneren befindet sich ein 4 GB Speicher, der mit SD-/SDHC-Karten erweitert werden kann. Der Arbeitsspeicher liegt hat 256 MB RAM und einem 128 Flash-Speicher. Er unterstützt folgende Formate direkt: PDF, EPUB, MP3, JPEG, BMP, GIF und PNG. Indirekt unterstützt er auch TXT, DOC(X), XLS(X) und PPT(X), indem er diese Formate während des Datenimports automatisch in PDF oder EPUB umwandelt. Außerdem ist ein 3700mAh-Akku eingebaut, der bei ausgeschaltetem Wireless 13,5 Stunden (sonst 10 Stunden) hält. Im Standby-Modus schafft es der Reader auf 10 Tage.
Wie schlägt sich der ASUS Eee Note EA800 im Arbeitsalltag? Es dürfte spannend werden, da er als Moleskin-Ersatz beworben wird und ich ihn genau wegen dieser Funktion gekauft habe.

Asus Eee Note EA800: Vollansicht im Kritzelnotizbuch. 
(Lichtverhältnisse: Schatten an einem sonnigen Tag in der Mittagszeit)




Verarbeitung
Der ASUS Eee Note EA800 fühlt sich ausgesprochen edel an. Das Display ist aus mattem Glas, das Gehäuse aus gebürstetem Aluminium. Dadurch ist der schmale Rand relativ resistent gegen Fingerabdrücke, allerdings auch mit 520g etwas schwerer als vergleichbare Geräte in derselben Größe. Das Gewicht liegt aber keineswegs schlecht in der Hand. Besonders gut gefallen hat mir der mitgelieferte Stift (in Deutschland: nur einer!), der im Gegensatz zum PocketBooks Pro 912 und Onyx Boox M92 groß, dick und geriffelt ist. Er wird in einer Mulde oben direkt im Reader versenkt, in der er sicher sitzt. Außer dem An- und Ausschaltknopf gibt es keine Knöpfe, denn die wenigen Tasten liegen unter dem Touchscreen. Leider funktioniert bei diesem der Zurück-Button etwas unregelmäßig. Die Anordnung der Tasten (unten im Hochformat) hingegen finde ich sehr gut. Beim Lesen im Querformat muss ich nicht umständlich herumhantieren, sondern kann mit meiner linken Hand blättern. Diese Knöpfe funktionieren sehr zuverlässig und es muss kein Druck ausgeübt werden. Ein bisschen schade finde ich es allerdings schon, dass man als Nutzer keine Rückmeldung bekommt, ob man die Tasten richtig getroffen hat – entweder es funktioniert und tut sich was. Oder eben nicht.



Verarbeitung: Kunstlederhülle, gebürstetes Aluminium, mattes Display.


Display
Gerade das Display fand ich in der Produktvorstellung äußerst spannend. In unserer lästigen Phase spiegelnder LCD/LED-Displays war ich überrascht, als ich von dem ASUS Eee Note EA800 hörte, der ein mattes Touchdisplay auf den Markt brachte, das nicht hintergrundbeleuchtet ist. Diese Technologie kannte ich bislang nur von Digitaluhren. Das Display selbst ist 8 Zoll groß (20,3cm) und hat eine Auflösung von 768x1024 Pixel mit 64 Graustufen. Da der Touchscreen nur mit Hilfe des Stylus bedient werden kann, ist das Glas gehärtet (Härtegrad 3). Der Touch-Pen hat 256 Druckstufen für unterschiedliche Linienstärken und eine Auflösung von 0,01mm.
Beim Gebrauch ist mir positiv aufgefallen, dass der Stylus sehr gut über das glatte Glas gleitet und nicht unangenehm kratzt oder schabt. Negativ aufgefallen ist mir hingegen, dass das Display beim Schreiben an den Rändern auch dann reagiert, wenn der Stylus den Screen nicht berührt. Ärgerlich ist das vor allem am unteren Bildbereich, wo die Steuerungsknöpfe auf dem Display liegen. So passiert es mir leider regelmäßig, dass ich während eines Schreibvorgangs plötzlich auf den Weiter-Button komme.
Gut ist, dass man den Stift sehr einfach Kalibrieren kann und er dadurch sehr genau dort aufsetzt und malt, wo man ihn erwartet. Allerdings ist durch das dicke Glas des Touchscreens immer viel Platz zwischen der Auflagefläche, auf dem der Stift liegt, und dem gemalten Strich. Das ist ungewohnt, doch mit der Zeit gewöhnt man sich beim Schreiben daran.


Blick auf das Display. Oben: Im Schatten (draußen, hartes Licht); 
unten: direktes Licht der sommerlichen Mittagssonne.


Ausstattung
Im Lieferumfang enthalten sind ein Stylus, ein USB-Netzadapter, das dazu passende USB-Kabel und eine stabile Hülle aus Kunstleder. Ich betone an dieser Stelle, dass beim deutschen Paket nur ein Stylus dabei ist, denn ich habe auf anderen Blogs von einigen ausländischen Paketen mit zwei Stiften gelesen. Deshalb hat die Kunstleder-Hülle auf der Innenseite des Rückens einen Stifthalter. Allerdings ist der für den Stift viel zu eng – ich bekomme den Stift kaum rein und nur schwer wieder raus. Ebenfalls blöd: Dadurch, dass dieser Halter am unteren Rand angebracht ist, verzieht sich beim Schließen die Hülle und ist schief (da durch den Halter der untere Bereich gestärkt ist und der obere nicht). Das gibt bei mir leider ästhetische Abzüge, obwohl sich das Kunstleder sehr wertig anfühlt, stabil ist und der Markenname eingeprägt ist.


Die Navigationstasten: Unter und auf dem Display.

Bedienung
Die Bedienung ist sehr intuitiv gestaltet, das Menü sehr klar und übersichtlich, doch nicht immer logisch und bedacht gestaltet. Wenn man sich beispielsweise im Musik-Player befindet und sich die ganze Zeit mit dem Stift durch das Menü etc. navigiert, kommt man dort – wenn man Musik hören und gleichzeitig lesen möchte – nur mit Hilfe der Touchscreen-Tasten wieder zurück ins Menü. Deshalb habe ich lange Zeit angenommen, dass das Gerät nicht Multitaskingfähig ist – ist es aber! Allerdings gibt es nur sehr wenige Einstellungsmöglichkeiten und Spielereien. Auch schade: Für die Einführung auf den deutschen Markt hat ASUS viele Layouts nur mangelhaft angepasst. Beispielsweise heißt es im Hauptmenü »kamera« und viele Vorlagen zum Zeichnen (Kalender, Adressbuch, Kontakte) sind nicht übersetzt und noch mit asiatischen Schriftzeichen versehen, obwohl sie teilweise mit sehr hübschen Illustrationen verziert sind. Schade!


Blick auf das Menü. Oben: Direktes Licht (Mittagssonne);
unten: Schatten.


Funktionen
Es gibt folgende Funktionen: Notizen, Lesen, Kamera, Sprachnachrichten, Textnachrichten, ein Fotoalbum, einen Musik-Player, einen Rechner, ein Wörterbuch, Einstellungsmöglichkeiten, einen Papierkorb, einen Webbrowser und zwei Spiele (Bubble-Breaker und Sudoku – beides allerdings mit Schach-Icons abgebildet).
Hinter dem Menüpunkt Notizen verbergen sich niemals enden wollenden Notizbücher, auf die sich der ASUS Eee Note EA800 spezialisiert hat. Man legt eine Notiz an und kann sie mit Hilfe von 44 Vorlagen so gestalten, wie man möchte: Contact card, Weekly Planner, To-do list, 2011 Calendar, Quad graph Paper, Pie chart, Cover Page, Blank, Axonometric, Caligraphy Paper und Graph sind nur einige wenige Beispiele aller Auswahlmöglichkeiten. Schade, dass viele durch die asiatischen Schriftzeichen nicht nutzbar sind. Die Notizfunktion ist ansonsten sehr toll und macht Spaß. Das Menü ist so simple aufgebaut wie Paint – man kann zwischen drei Graustufen wählen und sein Werkzeug bestimmen: Pinsel, Kugelschreiber, Filzstift, Füllfederhalter und Textmarker. Beim Zeichnen selbst ist die Simulation fast lebensecht: Kreuzen sich mehrere Linien, so sind die Stellen, an denen sie sich treffen, dunkler. Schnelles Mitschreiben ist bei diesem Reader kein Problem: Er funktioniert ohne Verzögerungen und ist meiner Meinung nach flotter als beispielsweise der Onyx M92 oder der PocketBook Pro 912. Es gibt kein Nachziehen der Schrift – alles ist immer sofort da.
Die Kamera selbst (in der Kunstlederhülle ist für sie ein kleines Loch vorhanden) ist eine nette Spielerei, die Umsetzung allerdings mangelhaft. Es ist eine 2 Megapixel-Kamera mit einer Auflösung von 640 x 480 Pixeln. Man kann den Kontrast einstellen und zwischen verschiedenen Modi wählen. Anhand denen zeigt sich, wofür die Kamera gedacht ist: Allgemein, Außen, Innen, Weiße Tafel, Manuell. Das Augenmerk liegt hier auf der weißen Tafel und dem Einsatz für Studenten und Business-Leuten in Meetings, die für ihre Notizen schnell etwas abknipsen müssen. Das würde besser funktionieren, wenn die Auflösung höher wäre. Schade, denn die Idee ist gut.
Beim Fotoalbum haben wir mit einem restriktiven Spaß von ASUS zu kämpfen: Die Bilder werden nur im Hochkant-Format angezeigt (können nicht gedreht werden) und haben meistens oben und unten einen ungenutzten Rand. Außerdem können nur Bilder unter 1 MB-Größe hochgeladen werden, die nicht mehr als 3 MP groß sind. Interessant und sehr schade, denn sogar Detailaufnahmen glänzen auf dem Screen richtig.
Sprachnachrichten sind ideal, um zwischendurch etwas aufzunehmen (eine Vorlesung in der Uni?). Allerdings liegt das Mikrophon in der Mulde vom Stift. Ist der Stift an seinem Platz, hört das Mikrophon nichts. Textnachrichten erfolgen per eingeblendeter Tastatur oder Handschriftenerkennung (kein Deutsch verfügbar!). Da ich nur die Notizfunktion nutze, finde ich derzeit keine Verwendungsmöglichkeit für die Textnachrichten.
Der Webbrowser funktioniert, ist aber instabil und lädt lange (mit Bildern scheint er seine Probleme zu haben – siehe Fotoalbum-Restriktion). Ich nutze den Reader daher nicht zum Surfen.


Blick auf die verschiedenen Werkzeuge bei der Notizfunktion. (Schatten)


Lesen
Beim Kontrast bin ich ein wenig zwiegespalten: Bei schwachen Lichtverhältnissen überwiegt der Eindruck eines kontrastarmen und zu dunkel eingestellten Displays leider. Bei guten Lichtverhältnissen ist das Lesen sehr angenehm und im prallen Sonnenlicht ist der Screen richtig gut. Wenn der Kontrast in allen drei Situation gleich gut wäre, hätte man mit dem ASUS Eee Note EA800 eine spannende Alternative zwischen E-Readern mit E-Ink-Displays und Tablets mit hintergrundbeleuchteten LCD/LED-Displays.
Auch beim Lesen kann man direkt in den Text reinkritzeln. Leider gibt es keinen Zurück-Knopf, sodass Fehler immer ausradiert werden müssen (der Radierer hat beim Kritzeln in Dokumenten plötzlich keine Größenauswahl mehr). PDF-Dokumente mit Bildern brauchen sehr lange zum Laden (länger als 30 Sekunden) und nochmal so lange zum Vergrößern. Reine Text-Dokumente öffnet er jedoch spielend. Das Blättern ist ein Traum und klappt schneller als in der Realität. Der ASUS dürfte interessant für Leute sein, die vom E-Ink-Seitenaufbau genervt sind: Der Screen muss nicht schwarz werden, um eine neue Seite aufzubauen.

Software
Auf dem ASUS Eee Note EA800 läuft ein Linux-Betriebssystem. Nichtsdestotrotz hat ASUS kein Problem damit, so viele Restriktionen wie nur möglich in seine Software zu packen. Es ist nicht möglich, die E-Books einfach auf den Reader zu ziehen, USB-Massenspeicher adé. Die Verwaltung läuft komplett über die eigene Eee Note Sync-Software, die je nach Rechner mal schnell, mal grauenhaft langsam läuft und vor allem generell umständlich ist. Ich habe immer noch nicht herausgefunden, ob erst das Programm gestartet, dann das Kabel rein, dann der Reader hochgefahren werden muss oder eine beliebige andere Reihenfolge besser klappt. Außerdem kann ich die markierten Dateien  nicht einfach in die Eee Note Sync-Software ziehen, sondern muss sie erst umständlich importieren. Nein, diese Software macht mir keinen Spaß und vergrätzt mir die Freude am Gerät ordentlich. Ich würde die Verwaltung lieber komplett wie einen USB-Stick nutzen.

Firma
ASUS ist eine taiwanesische Firma. Der Reader kam mit einem halben Jahr Verspätung nach Deutschland und mich wundert es immer noch, warum so eine große und etablierte Firma es nicht geschafft hat, diesen E-Reader für den deutschen Markt anzupassen (Vorlagen, Handschriftenerkennung). Updates kamen bislang nur für die Eee Note Sync-Software heraus, ich hoffe allerdings, dass für den ASUS Eee Note EA800 auch noch welche kommen (seit Januar tat sich da allerdings nichts).



Fazit
Das ASUS Eee Note EA800 ein Gerät, das viel Spaß und Ärger zugleich verspricht. Die Technik / Software ist unausgereift, wie bei so vielen Geräten, die derzeit auf den Markt sind. Allerdings ist der Reader für meine Bedürfnisse ausreichend: Ich nutze ihn als Organizer, schreibe auf Seminaren in meinen Notizbüchern mit und habe immer alles dabei. Und bei Langweile macht das Kritzeln sehr viel Spaß. Weniger Freude habe ich mit dem hypersensiblen Display-Rand, beim Lesen von PDFs mit vielen Bildern und mit der Eee Note Sync-Software. Ich hoffe, dass für all diese Probleme noch Updates kommen, denn erst dann hätte man mit dem Eee Note eine spannende Alternative zum Tablet und E-Ink-Reader.

Freitag, 3. August 2012

Bookmarks – Lesezeichen


Meine ersten eigenen Lesezeichen waren eigentlich ziemlich langweilig. Ich habe sie mir in der fünften Klasse auf unserem ersten Weihnachtsbasar der Schule gekauft. Sie waren weiß, aus Pappe ausgeschnitten und hatten verschiedene Tiermotive, die erhaben waren. Als wären sie der Abdruck eines Stempels mit einer Gelflüssigkeit als Tinte. Da kann ich mich an einen Bären erinnern. Weitaus spannender war für mich ein Lesezeichen in dergleichen Form mit einem aufgeklebten Textmuster. Das besondere für mich war, dass das Mädchen alle Namen aus meiner Klasse abgetippt, ausgedruckt und draufgeklebt hat. Noch nie hatte ich einen Gegenstand, der ganz kommerziell meinen Namen trug. (Zur Erklärung: Er ist nicht alltäglich.)


Danach hatte ich klassische Lesezeichen. Ausgeschnittene Bilder von Lieblingsautoren aus der Zeitung, aufgeklebt auf Kartonpapier. Rausgerissene Zeitungsseiten, Fotografien, gekaufte Lesezeichen mit schönen Bildmotiven. Doch in Zeiten von Internet, DaWanda, Etsy, Pinterest und Unmengen an Blogs mit DIY-Schwerpunkten reizt es einem dann doch, mitzumachen, zu basteln und schöne, ästhetische Lesezeichen zu gestalten. Ganz einfach weil wir als Leser und buchaffine Menschen das Sinnliche lieben: In Büchern schnüffeln, zusammengeklebte Seiten aufstupsen und den E-Reader mit aufwendigen Mappen und Hüllen eine individuelle Note zu verleihen.


Die klassischen Lesezeichen sind für mich einfache, flache Zettel in jeglicher Form, die zwischen die Seiten gelegt werden. Ganz wunderbar fand ich die Idee, dafür einen Pantone-Farbfächer umzugestalten und mit einem Band in passender Farbe zu versehen. Passende Motivstanzer sind inzwischen günstig und mit vielen verschiedenen Symbolen verfügbar. Ganz häufig finden sich auch Lesezeichen mit Sprüchen und Schriftspielereien, natürlich mit bibliophilen Inhalten.


Die Königsklasse erreichen Lesezeichen, wenn mit dem Material gespielt wird. An dem Modell im Vintage-Look kann ich mich gar nicht sattsehen, doch für solche Exemplare fehlen mir nicht nur der richtige Stoff, sondern wahrscheinlich auch die Nähkünste. Zurück zum Ursprung kommt man mit Lesezeichen aus Holz. Holz begegnet mir als Trendstoff beim Basteln immer häufiger und passt meiner Meinung nach gut zum bibliophilen Thema und zur Sehnsucht nach einer naturnahen, einfachen Haptik.


Im nächsten Schritt gibt es natürlich klassische Lesezeichen, die mit dem Genre spielen, das der Leser bevorzugt. Spannungsmesser, Mittäter, Mordsgaudi als Lesestoff in Messerform finde ich sehr originell. Ich selbst hatte in meiner Vampirlesezeit vor zehn Jahren (Bram Stoker und Anne Rice) etwas eher makaberes gebastelt: Ein blutiges Taschentuch, natürlich einlaminiert. Passte aber gut zum Horror- beziehungsweise Vampirmotiv.


Dass ich eine kleine Schwäche für Eulen habe, muss ich wohl nicht erwähnen. Tiermotive werden ebenfalls gerne als klassische Lesezeichen benutzt. Ganz schrecklich finde ich den Bücherwurm (ich finde Würmer eklig, egal wie verkitscht sie dargestellt werden) oder die Leseratte (woher kommen diese Vergleiche eigentlich?), wesentlich besser die weise Eule, den schlauen Fuchs, die listige Krähe oder den geheimnisvollen Wolf. Ich muss mal wieder nach Motivpapier Ausschau halten, vielleicht finde ich ein paar schöne Muster zum Basteln.


Das war es erst einmal mit den klassischen Lesezeichen. Kommen wir nun zu den Exemplaren, die es sich an den Ecken gemütlich machen. Okay, das erste Modell passt nicht so ganz, denn das Lesezeichen eines Vogels könnte man auch entlang des Seitenrandes weiterschieben. Dieses Lesezeichen, übrigens aus dünnem Metall, ist aber eine gute Überleitung zwischen den klassischen und den Eck-Lesezeichen.


Sehr typisch ist allerdings das folgende Eck-Lesezeichen, das sogar einen Papierbommel hat. Obwohl die meisten dieser Lesezeichen sehr einfach aussehen, werden sie selten geklebt, sondern kunstvoll gefaltet. Ich selbst lerne gerade, wie man ein Eck-Lesezeichen mit einer Herzform faltet. Je nachdem, wie aufwendig man vorangeht, desto kniffliger wird die Angelegenheit. Oben in dem Bild sind übrigens die einzelnen Blütenblätter gefaltet.


Darf es auch ein wenig moderner sein? Dann ist das Moustache-Lesezeichen ein absolutes Muss! Und aus Erfahrung kann ich sagen, dass es sehr knifflig ist, so einen Schnauzer zu zeichnen (ich hatte meine Nägel mal mit kleinen Moustaches verziert). Das abgebildete Lesezeichen ist aber nicht gefaltet, sondern geklebt worden. Welch schnöde Schummelei!


Mein letztes Beispiel aus der Reihe der Eck- (oder Seitenränder) Lesezeichen geistern gerade in dieser und ähnlicher Form durch sämtliche Modeblogs. Und zwar als Ringe, die ganz schlicht aus Metall und in Herzform zurechtgebogen werden. Dasselbe klappt natürlich auch für Lesezeichen.


Die nächste Lesezeichen-Gattung zähle ich zu den flexiblen Markern, zumeist Gummibänder. Diese können mittlerweile sehr lustige und praktische Formen annehmen, wie der blaue Zeigefinger, der nicht nur die Seite, sondern auch den zuletzt gelesenen Satz markiert.


Das absolut skurrilste Lesezeichen überhaupt stammt aus Japan und war flüssig, ist glibbrig und wird als Liquid Bookmark angepriesen. Ich finde das Lesezeichen genial, sofern es nicht abfärbt oder die Struktur des Papiers durch die Feuchtigkeit verändert. Den Schleim gibt es in drei Farben: Weiß, Rot und Grau. Und wird vom Designer selbst gegossen. Aha!


Kommen wir zum Schluss nun zu Lesezeichen, die sich durch ihre Gegenständlichkeit auszeichnen. Dazu gehören meiner Meinung nach die nachfolgenden vier Bookmarks, die alle eine dünne Fläche haben, die zwischen die Buchseiten gelegt wird, aber auch wuchtige, auffällige Formen, die die gelesene Seite visuell von Außen markieren. Ein dünnes Band aus Vlies, eine auffällige Perle? Schwubbs ist das Lesezeichen mit der Weintraube perfekt. Eigentlich hat das Lesezeichen an beiden Enden diese Perle, was ich wiederum sehr unpraktisch bei Transportbüchern finde. Bücher, die nur zu Hause gelesen werden und deshalb auf dem Nachtisch liegen, können so ein Lesezeichen haben. Stehend, in einer Tasche, verknickt die Perle vielleicht den Unterschnitt oder den Einband.


Das Problem hat der Zipper nicht. Dieses Lesezeichen ist ein lustiges Gadget und macht optisch echt was her. Die Bilder auf Trendhunter machen echt was her, doch ich wollte hier im Blog vor allem darstellen, wie der Zipper im Ganzen aussieht. Im Einsatz ist nur der Reißverschluss zwischen den Buchseiten zu sehen.


Das Bücher fantasievoll sind, vor Leben und Abenteuern nur so strotzen und in fremde Welten entführen, spiegeln die nächsten Lesezeichen sehr schön wieder. An normale Lesezeichen sind Füße beziehungsweise Hände angebracht wurden, die aus dem Buch herausragen. Das erste Lesezeichen verweist auf den Zauberer von Oz, das zweite hingegen auf Zombies. Die Zombiehände waren übrigens auch die ersten ungewöhnlichen Lesezeichen, die ich im Netz bewusst wahrgenommen habe. Und ja, ich würde sie mir bestellen.


Zum Schluss wie immer noch einmal die Quellenangaben zu den einzelnen Lesezeichen:
Pantone-Farbfächer-Lesezeichen, Lesezeichen mit Sprüchen, Vintage-Lesezeichen, Lesezeichen aus Holz, Krimilesezeichen, Eulen-Lesezeichen, Metallvogel-Lesezeichen, Eck-Lesezeichen mit Blume, Moustache-Lesezeichen, Herz-Lesezeichen, blauer Zeigefinger, Liquid Bookmark, Weintrauben-Lesezeichen, Zipper-Lesezeichen, Zauberer von Oz, Zombies

Mittwoch, 1. August 2012

Bibliophile Momentaufnahmen – Kalenderwoche 31


Ich habe derzeit ein Lieblingslesezeichen. Das Muster dürfte einigen vielleicht bekannt vorkommen: Es ist die gebrochene Schrift, die auf vielen Buchtüten prangt. Mein Lesezeichen trägt dasselbe Muster und war in der Geschenketüte drin, die ich Anfang des Jahres in München bekommen habe. Es war die Woche der Creative Business Week und ich nutzte die Gelegenheit und meldete mich für eine literarische Führung durch München an. Es ging durch drei Buchhandlungen, in denen sich drei Buchhändler und drei Verleger vorstellten. Dabei war die Buchhandlung L. Werner mit Schwerpunkt in Design und Architektur und der dazu passende Callwey Verlag, danach die aus München stammende Buchhandelskette Hugendubel mit dem dazu passenden Random House-Verlag Prestel. Zum Schluss die preisgekrönte Buchhandlung Literatur Moths (Lichtspielereien! Transparenz! Offen! Auswahl!) mit der unglaublich agilen Verlagsfrau von Droemer Knaur. Von allen gab es eine Tüten mit Geschenken und Verlagsvorschauen, das Lesezeichen war darunter und stammte von Hugendubel. Danke dafür!