Freitag, 31. Dezember 2010

Rückblick 2010 – Meine Leseliste

Ein langes und turbulentes Jahr geht für mich nun zu Ende. Leider kam ich nicht ganz so oft zum Lesen wie gewünscht, denn ich schaute mich ein wenig in der Arbeitswelt um, reiste nach Frankreich, Berlin und Weimar und auch das Studium forderte einiges von mir. Daher schaffte ich nur 44 Bücher, was gemessen an längeren Lesepausen dann doch wieder ein relativ normaler Schnitt für mich ist.

Rückblick 2010 – Blog-Schokolade

Ein bisschen Blog-Schokolade gefällig? Das Jahr 2010 war ziemlich bunt und in meinem Blog stand vor allem die Frankfurter Buchmesse im Mittelpunkt, was man an den Klickzahlen deutlich sieht. Hier nun die Top 5 der beliebtesten Posts im Jahr 2010!

Donnerstag, 30. Dezember 2010

Rezension – Melinda Nadj Abonji: »Tauben fliegen auf«

Eigentlich dürfte ich über »Tauben fliegen auf« von Melinda Nadj Abonji gar keine Rezension schreiben, da ich dafür eindeutig nicht objektiv genug bin. Als ich im Börsenblatt zum ersten Mal die Longlist genauer unter die Lupe nahm, wünschte ich mir sofort, ihr Buch in den Händen zu halten, und ich kaufte und las es, noch bevor sie überraschenderweise (zumindest für den Rest der Welt) auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis landete. Und ich liebte ihr Buch schon, bevor ihr Name von Gottfried Honnefelder ausgesprochen wurde.

Mittwoch, 29. Dezember 2010

Weihnachten 2010 – Geschenkeauspacken mit der Büchereule

Mein Wortschatz hat das große Talent, aus einer großen Auswahl an Wünschen genau das auszusuchen, was ich insgeheim am meisten begehre. So war es auch dieses Jahr an Weihnachten, als ich ein leichtes, ein mittleres und ein schweres Paket in den Händen hielt.

Dienstag, 28. Dezember 2010

Sechste Folge: Joachim Heinrich Campe

Weißes, nach hinten gekämmtes Haar, an den Spitzen leicht gelockt, wie es der Mode des 19. Jahrhunderts entsprach, eine markante Nase und streng blickende Augen: So sehen die Bilder aus, die von Joachim Heinrich Campe überliefert sind. Der deutsche Pädagoge, Schriftsteller und Verleger lebte von 1746 bis 1818 und trug dazu bei, das Erziehungswesen zu reformieren.

Montag, 27. Dezember 2010

Weihnachten 2010 – Geschenkeauspacken mit der Büchereule

Da staunte ich nicht, als mein Lieblingsverleger Herr L. mir am letzten Arbeitstag eine riesige Tüte überreichte. »Alles meins?« – »Klaro!« Pralinen, Schokolade, Weihnachtsmänner, eine Flasche Sekt und zwei Bücher kullerten mir entgegen. Ich durfte lunzen, obwohl der Kalender erst den 17. Dezember zählte. Begierig schnappte ich mir das Hanser Hardcover und jubelte: »DER Gstrein. Cool« und meinte damit das skandalumwitterte Buch des Ex-Suhrkamp Autors Norbert Gstrein. In »Die ganze Wahrheit« beschreibt er den Verfall eines Verlagshauses. Mal sehen, wie gut der Herr sein Werk verschlüsselt hat. Vielleicht stellt sich beim Lesen ja der Buddenbrooks-Effekt ein?

Freitag, 24. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 24. Dezember

Das Buch


Was kann sich nach fliegenden Vorsatzblättern, Kapitalbändchen, Gelenken und Schnittverzierungen wohl hinter dem letzten Türchen verstecken? Natürlich das, worum es die ganze Zeit eigentlich ging – das Buch, denn sogar das hat eine feste Definition. Laut der UNESCO besteht ein Buch aus mindestens 49 Seiten, die in einem Umschlag oder Einband durch Bindung zusammengefasst sind. Die Blätter können beschrieben, bedruckt oder leer sein. Im Gegensatz zu einer Zeitung oder einer Zeitschrift erscheint das Buch nicht periodisch. In Büchern werden Inhalte festgehalten und erhalten. Sie sind ein wichtiges Zeugnis der Zeit, in der sie publiziert wurden und überliefern die Werte, Ideen, Überzeugungen, Vorstellungen, Gesetze, Meinungen, Grundsätze, Moralvorstellungen und die Fantasie einer gesamten Gesellschaft. Die Vorläufer des heutigen Buches waren die Rolle und das Diptychon, während wir heute schon E-Books kaufen können. Ich bin gespannt, wie sich das Buch in Zukunft weiterentwickeln wird und wünsche dir bis dahin ein frohes Weihnachtsfest.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 23. Dezember

Schuber


Der Schuber ist ein Bestandteil eines Buches und bezeichnet einen Behälter, der an fünf Seiten geschlossen ist und meistens aus Karton besteht. In den Schuber passen ein oder mehrere Bücher hinein. Durch die Form sind die Bücher innen geschützt und nur der Buchrücken ragt hinaus, damit der Titel lesbar bleibt. Besondere Schuber von bibliophilen Ausgaben sind mit Samt, Buntpapier oder Pergament veredelt. Meistens nutzen Verlage Schuber zu Werbezwecken und legen mit ihnen Sonderausgaben oder Jubiläumseditionen neu auf. Und wer fällt darauf immer wieder rein? Natürlich die Büchereule! Solche Sondereditionen sind aber auch arg verführerisch.

Mittwoch, 22. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 22. Dezember

Exlibris


Mein Wortschatz ist wirklich ein echter Schatz. Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich an Weihnachten ein sehr tolles Geschenk von ihm in den Händen hielt. In einem Samtsäckchen verbarg sich ein Stempelkissen mit purpurfarbener Tinte, handkolorierten Lesezeichen mit kleinen Eulen – und ein großer Exlibris-Stempel mit einer Eule, die auf einem Bücherstapel sitzt, und meinem Namen darunter.
Damals war ich schon länger auf der Suche nach Exlibris-Motiven, die zu mir passten und ungewöhnlich und selten waren, aber irgendwann habe ich frustriert aufgegeben.
Exlibris sind eigentlich kleine Blätter, die in die Bücher geklebt werden. Auf einem Blatt ist der Besitzer namentlich vermerkt, sodass das Buch ihm zugeordnet werden kann. Einerseits Besitzanspruch, andererseits Besitzerstolz (ich bekenne mich schuldig) sind die Gründe für diese Kennzeichnung. Das erste Exlibris stammt aus dem 15. Jahrhundert und seitdem haben sich viele verschiedene Strömungen entwickelt, die die Gestaltung dieser Bücherzeichen beeinflussten: Berühmte Künstler wie Albrecht Dürer oder Hans Holbein der Jüngere gestalteten Exlibris, Wappen und Portraits zeigten den Status des Besitzers an, in der Barockzeit waren sie mit biblischen Motiven und Allegorien versehen.
Heute gibt es verschiedene Möglichkeiten, seine Bücher zu kennzeichnen. Ein Professor an meiner Universität benutzt bis heute noch das ursprüngliche Modell und klebt Blätter in die Bücher, die ein persönliches Bild mit seinem Namen tragen. Diese Methode ist für mich allerdings nicht flexibel genug. Es gibt mittlerweile auch Prägestempel, Prägezangen und Stanzformen, die ich leider zu teuer finde (ab 120 Euro geht es los), aber wunderschön sind. Das Stempeln ist eine Alternative, die ich perfekt finde. Und so war ich zwischen den Jahren mehrere Tagen damit beschäftigt, meine Bücher zu kennzeichnen. Danke dafür, Wortschatz.

Dienstag, 21. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 21. Dezember

Buchschließen


Staub und Licht – das waren früher die größten Feinde von Büchern. Feuchtigkeit zählt zwar dazu, aber Schließen können ein Buch davor nicht bewahren. Wie kam es dazu, dass sich Buchschließen entwickelten? Damals waren der Buchblock und der Einband am Rücken fest miteinander verbunden. Die Folge waren Spannungen, die trotz der schweren Holzeinbände dafür sorgten, dass die Bücher nicht richtig geschlossen werden konnten. So entwickelten sich die Buchschließen aus Metall, die das Eindringen von Staub und Licht verhinderten. In Europa lag die Schließe am vorderen Schnitt und wurde durch Leder und Stoff ersetzt, als der Einband durch Pappe ersetzt wurde. Ab dem 16. Jahrhundert wurden Bücher stehend gelagert, sodass die Buchschließen eher hinderlich waren. Zusammen mit den Beschlägen verschwanden sie. In der Neuzeit kommen sie immer mal wieder zum Einsatz, wenn bibliophile Bücher bedruckt werden, die Schließen als dekoratives Element verwenden. Auch Gebetsbücher, die auf Reisen mitgenommen werden, bekommen ab und an Buchschließen – und Tagebücher. Hier allerdings eher, um die aufgeschriebenen Geheimnisse vor fremden Blicken zu schützen.

Montag, 20. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 20. Dezember

Bauchbinde


Männer tragen sie als Schärpe um den Bauch. Frauen dann, wenn sie schwanger sind. Der Papierring um die Zigarre heißt genauso wie die Einblendungen im Fernsehen am unteren Bildrand. Wovon ist die Rede? Von der Bauchbinde. Genauso gut ist damit aber auch ein Fachausdruck aus der Buchherstellung gemeint: Eine Bauchbinde ist ein Papierstreifen, der möglichst auffällig bedruckt und gestaltet sein muss und um ein Buch gewickelt ist. Seine Funktion? Auffallen, damit der Kunde es entdecken und kaufen kann. Das Buch schreit mit seiner Bauchbinde stumm umher: Seht, ich bin neu, aktuell, lesenswert, wichtig und viele wichtige Menschen haben großartige Dinge über mich gesagt. Daher: Kauft mich. Mich nerven die Dinger eher und ich hab keine einzige Bauchbinde mehr gefunden. Das Foto für den heutigen Adventskalender entstand demnach von einer geliehenen Bauchbinde und gehört auch nicht zu dem dargestellten Buch. Voilà!

Sonntag, 19. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 19. Dezember

Bucheinbandverzierung


Zu den häufigsten Verzierungen im europäischen Kulturraum gehören die Blindprägung und die Vergoldung. Die Geschichte der Bucheinbandverzierung reicht weit in die Vergangenheit zurück. Bereits in der Spätantike und im frühen Mittelalter wurden die Einbände von Büchern gefärbt und verziert. Besonders verbreitet waren der Blinddruck (das Einprägen von Mustern, Motiven oder Schriften ohne Farbe), der Lederschnitt (das Motiv wird mit einem Messer in das erwärmte und eingeweichte Leder geschnitten und emporgedrückt, sodass die Schnittkanten plastisch erscheinen), Flechtwerk, Lederapplikationen (Leder wird als Dekoration eingearbeitet), Durchbrucharbeiten und Punzierung (eine Prägung in Metall oder Leder).


Im Mittelalter arbeiteten die Buchbinder mit edlen und seltenen Materialien wie Elfenbein, Perlen und Edelsteinen. Die Bezüge waren aus Wildleder, Samt, Brokat oder Seide. An den Ecken des Einbands hatten manche Bücher Beschläge, die den anfälligen Stoff vor Schäden und Abrieb schützten. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die verschiedenen Möglichkeiten, einen Bucheinband zu verzieren, immer mal wieder. Dann wurde der Blinddruck favorisiert, anschließend der Golddruck und danach wieder etwas anderes. Gegenwärtig gibt es keine Verzierungen, die dominieren – es ist eher das Individuelle und Einzigartige, das bei jedem Buch im Mittelpunkt steht. Die Typografie auf den Schutzumschlägen rückt dabei die Gestaltung des Bucheinbands eher in den Hintergrund.

Samstag, 18. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 18. Dezember

Bünde


Es ist eine schöne Erfindung, nach der ich lange suchen musste. Ich habe schon fast geglaubt, dass ich kein Buch mit dieser Besonderheit in meiner kleinen, feinen Bibliothek finden werde – dann aber doch: Ein Buchrücken mit sichtbaren, erhabenen Bünden. In der Buchbinderei sind Bünde die Bezeichnung für Bänder und Schnüre, die die Lagen eines Buchblocks zusammenhalten und zudem noch den Block und die Deckel miteinander verbinden. Sie verlaufen quer über den Buchrücken. Manchmal sieht man das, da sich die Bänder oder Schnüre unter dem Bezugsstoff hervorheben. Diese Bünde werden als echt und erhaben bezeichnet. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Bünde in den Buchblock einzulassen, indem eine Furche in den Block und/oder Buchrücken gesägt wird. Dadurch kann der Rücken glatt bezogen werden. Als Dekoration und Schmuckelement haben sich falsche oder Scheinbünde durchgesetzt. Die Bünde bestehen in diesem Fall aus Pappstreifen oder Bindfaden, die zurechtgeschnitten sind und keinerlei Funktion haben. Die Heftung mit Hilfe von Bünden geht bis in das Jahr 600 n. Chr. zurück. Heute werden die Einbände auf Gaze geheftet und das Bindeverfahren mit Bünden wird nur noch bei bibliophilen Büchern angewandt.

Freitag, 17. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 17. Dezember

Fliegendes Vorsatzblatt


Indirekt habe ich dir, lieber Leser, schon erklärt, was ein fliegendes Vorsatzblatt ist. Zusammen mit dem Spiegel. Allerdings liebe ich dieses Wort – es klingt ungeheuer abstrakt, gewichtig und undurchschaubar. Und ich hab noch ein Vorsatz-Foto, das ich beim eigentlichen Posting nicht verwendet habe. Tadaaa! Schwubbs habe ich einen Grund, dieses Thema noch einmal, aber gezielter-genauer-spektakulärer, anzusprechen.


Die Buchdecke und der Buchblock sind mit einem Vorsatzpapier miteinander verbunden. Ein großes Papier, zwei Teile – denn das Vorsatz an der Decke heißt Spiegel und das frei schwebende ist das fliegende Vorsatzblatt. Das Vorsatzpapier ist kräftiger und reißfester als das Papier im Buchblock. Das Flächengewicht liegt zwischen 100 und 130 g/m².

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 16. Dezember

Frontispiz und Titelkupfer


Alle Grafiken nur hereinspaziert in das 16. Türchen – zumindest die, die auf der Seite 2 und/oder 3 eines Buches stehen. Frontispize und Titelkupfer gehören eindeutig in diese Kategorie. Das Frontispiz gehörte zunächst zum Titelblatt, bis sich die Illustration langsam auf der gegenüberliegenden Seite heimisch machte. Sucht man in der Darstellung nach einer Chronologie, entwickelten sich zunächst Illustrationen, die den Inhalt allegorisch widerspiegelten, danach wurden Autoren abgebildet und schließlich wichtige Szenen aus dem vorliegenden Werk. Das Titelkupfer gehört zum Titelblatt und ist eine Illustration, die als Kupferstich in einem gesonderten Druckgang dem Text hinzugefügt wird. Außerdem wird ein ganzseitiger Kupferstich, der gegenüber des Titelblatts und auf der Rückseite des Schmutztitels liegt, ebenfalls Titelkupfer genannt.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 15. Dezember

Titelblatt


Gestern noch stand der Schmutztitel im Mittelpunkt dieses bibliophilen Adventskalenders. Blättert man eine Seite weiter, gelangt man zum heutigen Türchen: Das Titelblatt – die erste richtige, ausführliche Seite mit einem kompletten Buchtitel.


Was gibt es hier zu entdecken? Ein voller Haupttitel beinhaltet alle möglichen Untertitel. Außerdem findet sich hier der Autor oder Herausgeber wieder, sowie der Name des Übersetzers und ab und an die Zahl der Auflagenhöhe. Handelt es sich um eine neue bearbeitete Auflage, ist dies ebenfalls auf dem Titelblatt vermerkt, sowie alle anderen zusätzlichen Informationen zu möglichen Abbildungen, Grafiken, die Nummerierung, falls das Buch in eine Reihe gehört und natürlich der Verlagsname samt Signet. Auf der Rückseite steht meistens das Impressum mit allen Copyright- und Herstellungsvermerken. Titelblätter enthalten aber nicht nur diese trockenen Angaben, sondern können auch aufwendig illustriert sein.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 14. Dezember

Schmutztitel


Die heutige Vokabel klingt schlimmer, als sie es in Wirklichkeit ist. Die Schmutztitelseite ist die erste Seite des Buchblocks, die mit dem Vorsatz verklebt ist. Es ist rein rechnerisch die nicht angezeigte Seite 1 und beinhaltet meist nur den (verkürzten) Titel des Buches (ohne Untertitel), seltener mit dem Autorennamen, dem Verlag und dem Verlagssignet versehen. Auf der Rückseite der Schmutztitelseite steht entweder ein Frontispiz oder eine Auflistung der Reihe, in der das Buch erschienen ist. Der verkürzte Titel wird Schmutztitel genannt, oder auch Antiporta, Schutztitel, Vortitel oder Vorsatztitel.
Woher stammt der ungewöhnliche Name dieser Seite? Sie gehört in eine Zeit, in der die Verleger und Drucker ihre Bücher als Rohbogen ohne Einband in Fässern verkauften und versendeten. Erst nachdem eine Buchhandlung solch ein Fass erworben hat, gingen die Blöcke zum Buchbinder. Um das Titelblatt während des Aufenthalts im dunklen Fass zu schützen, entwickelte sich der Schmutztitel. Einer anderen Theorie nach ist der Schmutztitel lediglich ein gestalterischer Kniff, um nicht unmittelbar nach dem Vorsatz gleich den Buchinhalt beginnen zu lassen.

Montag, 13. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 13. Dezember

Gelenk


In jedem Körper gibt es ein Gelenk und Bücher haben ebenfalls eins. Beide besitzen sogar dieselbe Funktion: Sie schaffen eine Verbindung zwischen zwei Elementen. In anatomischer Hinsicht sind es zwei Knochen, beim Buch hingegen der Buchrücken und der Buchdeckel. Das Gelenk ist die Einbuchtung, auch Falz genannt, die sich zwischen diesen beiden Elementen befindet. Dadurch wird etwas sehr elementares ermöglicht: Das Öffnen und Schließen des Buchdeckels.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 12. Dezember

Lesebändchen


Ich habe ganz viele Lesezeichen in allen möglichen Farben, Formen und Materialien. Die ältesten reichen zurück zu einem Weihnachtsbasar, den ich als Fünftklässlerin besucht habe. Lesezeichen habe bei mir aber leider die Gewohnheit, sich an allen möglichen und unmöglichen Orten zu verstecken, und dann wird es kompliziert. Eselsohren? Mache ich niemals – das ist grausamste Buchmisshandlung. Die Seitenzahl merken? Das klappt nicht, wenn es mal länger dauert oder mehrere Bücher parallel gelesen werden. Zum Glück gibt es für solche Situationen einen Kalender, aus denen man Schnipsel rausreißen kann … oder eben Lesebändchen. Es ist am Kapital befestigt, schlängelt sich den gesamten Buchblock hinunter und reicht weit über den unteren Schnitt. Das Leseband gibt es in allen möglichen Farben und ist eine durchaus praktische Erfindung, sofern sie nicht hässlich ausfransen. Und da wir schon bei Kalendern sind: Meine Taschenkalender haben alle zwei Lesebändchen und die meisten religiösen Gesangbücher ebenfalls.

Samstag, 11. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 11. Dezember

Kapitalband


Er versteckt sich am Kopf und am Schwanz des Buchrückens, ist aus Stoff und bunt. Mal blau, grün, gelb, violett, rosa, beige, mandarinenorangefarben, büchereulengesprenkeltgrau. Was ist gemeint? Das Kapitalband am Rücken des Buchblocks. Noch im 16. Jahrhundert haben die Buchbinder das Kapitalband aus Pergament- oder Lederstücken selbst hergestellt und mit dem Heftfaden umwickelt. Im 18. Jahrhundert wurde es geklebt, und heute wird das Band in einer Weberei hergestellt, beim Buchbinder in die nötigen Stücke zerteilt und dann oben und unten angeklebt. Das Kapitalband hat eine wichtige Funktion, schließt es doch die Lücke zwischen dem Rücken und dem Buchblock.

Freitag, 10. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 10. Dezember

Schnittverzierung


Kaum waren wir beim Buchschnitt, kommt nun eine kleine Spezialität dazu, die hübsch anzusehen ist. Jedenfalls meistens: Die Schnittverzierung. Entweder wird der ganze Buchschnitt oder nur einzelne Teile gefärbt und manchmal sogar vergoldet. Die Schnittverzierung erfolgt nicht nur aus ästhetischen Gründen, denn die gefärbten Seiten quellen noch einmal ein wenig auf und verhindern so, dass beispielsweise Staub in den Buchblock kommt. Darum wird bei manchen Büchern nur der Kopfschnitt gefärbt. Ab und an frage ich mich, was sich die Verlage dabei denken, wenn sie sich eine ganz schreckliche Farbe als Schnittverzierung aussuchen. Ich habe ein Buch, das einen knallgelben Schnitt hat, der so gar nicht zum Buch passt. Bei alten Büchern find ich besonders die Marmorierung faszinierend.

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 09. Dezember

Der Buchschnitt


Hier folgen nun drei Fotos, die alle nur eines zeigen: den Buchschnitt. Er ist der Teil des Buchblocks, der nicht verbunden und zusammengeheftet ist. Der obere Schnitt heißt Kopfschnitt, der an der Seite vorderer Schnitt und unten folgt nun was? Natürlich der untere Schnitt.


Wird ein Buchblock nur zusammengeheftet und die Ränder nicht beschnitten, ist der Buchschnitt rauh. Meistens werden die Ränder jedoch maschinell angepasst und das ursprüngliche Seitenformat kleiner, sodass dieser Buchschnitt als glatt bezeichnet wird.

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 08. Dezember

Schutzumschlag

Kennst du das? Du willst ein neues Buch anfangen zu lesen und das erste, was du machst, ist nicht, es in die Hand zu nehmen und aufzuschlagen. Nein, zunächst machst du den Schutzumschlag ab. Zumindest geht es mir sehr oft so. Meine Bücher wandern mit mir, in Taschen, Rucksäcken, Mappen. Ein verknitterter, eingerissener verschmutzter Schutzumschlag ist da gar nicht ungewöhnlich, sodass ich ihn lieber zu Hause lasse.

Schutzumschlag – diese Erfindung hat sich im 19. Jahrhundert entwickelt. Er verhüllt die Buchdecke und wird an den Kanten der Deckel eingeschlagen. Verlage nutzen den Schutzumschlag seither nicht nur zum Schutz des Buches, sondern auch zu Werbezwecken. Der Umschlag ist oft aufwendig bedruckt, der Titel des Buches typografisch dargestellt. Innen findet der Leser ausführliche Informationen zum Buch, zum Autor oder Verlagsprogramm. Fluch oder Segen? Ab und an ist der Schutzumschlag für mich beides.

Dienstag, 7. Dezember 2010

Weihnachten 2010 – Mein Wunschzettel

Bücher, Kleider, Spielsachen und Lebensmittel gehören zu den Präsenten, die am häufigsten unter dem Weihnachtsbaum landen. Genauer noch: Mehr als die Hälfte der Deutschen (58 Prozent) will Bücher, Geld oder Gutscheine verschenken. Zu diesem Ergebnis kam eine repräsentative Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young in Stuttgart.

Auf meinem Wunschzettel sieht es in diesem Jahr ähnlich aus. Von meinen Eltern bekomme ich einen neuen Laptop-Rucksack von Crumpler, und aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es eine Anschaffung für das Leben ist. Marry your Bag, right?

Und sonst? Ich habe mich über Fotokram und Schmuck gefreut. Da ich mir in diesem Jahr fototechnisch einige Wünsche erfüllt habe und Pandoras neue Kollektion nicht meinem Geschmack entspricht, bleiben nur noch Bücher übrig. Und zwar was für welche!

»Fotografie für Journalisten« von Kay-Christian Heine (O'Reilly) steht ganz oben auf der Liste. Ich meine – großes Gottchen! – hat jemand meine stillen Gebete erhört? Jedes Mal, wenn ich ein normales Grundlagenkurs wälze, haben die Leute Zeit, Lichtstrahler aufzusetzen. Und Mischlicht? Gibt's nicht! Kirche? Mit Stativ kein Problem. Solche weltfremde Ansichten bringen einen Zeitungsfotografen nicht mal vor die Tür. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als der Verlag diese Neuerscheinung auf Facebook gezeigt hat. Dankeschön-dankeschön-dankeschön! Endlich mal ein Thema, das es wirklich noch nicht gibt und das 100-prozentig auf meine Bedürfnisse abgestimmt ist.

Danach folgen weitere Bücher aus dem Verlag. Es ist wirklich ganz schlimm, wenn man denen auf Facebook oder Twitter folgt, da die mit Fotos und frechen Kommentaren nicht geizen. Der Verlag hat eine neue Reihe über die neuen CS5-Adobe-Produkte gestartet – und hier kann ich wieder nur rumjammern: Ach Gottchen! So viele Bücher, und ich hab so wenig Geld. Photoshop und Flash sind schon erschienen, InDesign kommt vor Weihnachten heraus. Und ich kann mich wirklich nicht entscheiden, muss es aber wohl, da die Bücher 39,90 Euro kosten. Dürfen sie aber auch, schließlich sind sie dick und sehen nach ziemlich viel Farbe, Illustrationen und Grafiken aus. Ich hab mich zunächst für das Flash-Buch entschieden, da ich mich demnächst mit dem Gebiet auseinandersetzen möchte.

Nun aber weg von den bösen O'Reillys und hin zu Roberto Bolaño und seinem Roman »2666« (Hanser). Mag ich haben, will ich haben, trotz der schlechten Sexszene aus der Buchmessen-FAZ. Da der Roman dick und somit teuer ist, landet er als erster Belletristik-Titel auf meiner Weihnachts-Wunsch-Liste.

Vielleicht wird Bolaños Wälzer einmal ein Klassiker, »Anna Karenina« von Leo Tolstoi ist es schon. Und wegen des Tolstoi-Jahres landet die Patmos-Ausgabe auch auf meiner Wunschliste. Und weil T. ihn mir empfohlen hat.

Wie oft bin ich dieses Jahr nur um dieses Buch herumgeschlichen? Ungezählte Stunden und ich weiß ehrlich gesagt immer noch nicht, wieso ich mir »Jahrestage: Aus dem Leben von Gesine Cresspahl« von Uwe Johnson nicht mitgenommen habe. Ich weiß es wirklich nicht. Die neue, einbändige Ausgabe vom Suhrkamp-Verlag finde ich zum Sterben schön. Daher auch: ein Listenplatz!

In den letzten Wochen bin ich immer häufiger über »Natürliche Mängel« von Thomas Pynchon gestolpert. Die Einbandgestaltung ist wunderschön und Pynchon interessiert mich als Autor schon wesentlich länger. In diesem Jahr ist bereits »Mason & Dixon« in meinem Einkaufskorb gelandet, nun vielleicht auch der neue Roman?

»Bücher machen: Ein Handbuch für Lektoren und Redakteure« ist ein Buch aus dem Bramann-Verlag, das ich schon länger im Auge behalte. Aber je länger ich das Buch von Michael Schickerling und Birgit Menche betrachte, desto weniger ändert sich der Preis: 40 Euro. So gemein. So interessant. So verführerisch. Ich spare.

Sein erster Roman hat mich überwältigt, sein zweiter ernüchtert und sein drittes Werk liegt noch auf meinem Stapel ungelesener Bücher: Carlos Ruiz Zafón. Trotzdem lächelt mich sein letztes Werk »Der Mitternachtspalast« sehr stark an. Vielleicht wird er es ja unter den Weihnachtsbaum schaffen? Vorzugsweise unter meinen?

Das Jahr 2009 war auch das Jahr von »Unendlicher Spaß: Infinite Jest« von David Foster Wallace und dem Übersetzer Ulrich Blumenbach. Diesen Roman möchte ich auch unbedingt lesen, da kein Satz aus den 1646 Seiten zuviel sein soll. Sowas möchte ich unbedingt miterleben.

Das ist meine Weihnachts-Wunsch-Liste 2010. Und wie sieht es bei dir aus, lieber Leser? Ich bin gespannt, über was für Bücher du dich freuen würdest.

Adventskalender 2010 – 07. Dezember

ISBN


Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es sie nicht: Die ISBN, die meist auf dem hinteren Buchdeckel unter einem Strichcode oder im Impressum steht. Erst 1969 wurde sie in der BRD eingeführt und kam ursprünglich aus England. Eigentlich verbirgt sich hier der Abkürzung nichts Abstraktes, denn ISBN bedeutet lediglich »Internationale Standard-Buch-Nummer«. Genauso lässt sich ihre Funktion beschreiben: Jedes Buch kann mit Hilfe dieser zehn Ziffern erfasst und zugeordnet werden. Sie setzt sich aus einer Gruppen-, Verlags-, Buchungsnummer und einer Prüfziffer zusammen. Die erste Zahl »3« steht für die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz.


Seit 2007 gibt es eine kleine Veränderung und die ISBN wurde um die Ziffernfolge 978 erweitert, die für die Warengruppe Buch steht.

Montag, 6. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 06. Dezember

Bezugsmaterial


Was für Materialien gibt es, die für den Bucheinband verwendet werden können? In Anbetracht der vielen verschiedenen Formen, Farben, Mustern, Beschaffenheit, Konsistenten und Stoffe sind es eigentlich weniger, als gedacht, nämlich nur Papier, Leinen, Leder und Pergament.


Heutzutage kommen noch andere Stoffe dazu, wie beispielsweise Mattgewebe und Ersatzstoffe. In meiner kleinen, privaten Bibliothek steht ein kleines Gebetbüchlein, das einen Buchrücken aus Samt und zwei Buchdeckel aus Metall hat. Etwas moderner wird es bei einem Gedichtband, der aus einem Kunstleder in einer tollen, schrillen Farbe besteht. In beiden Fällen wird schnell klar, dass ein guter Einband nicht nur eine Schutzfunktion hat, sondern auch wichtig für die Ästhetik des Buches ist.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 05. Dezember

Die Buchdecke


Nein, in der Überschrift für das fünfte Türchen fehlt ganz bestimmt kein Buchstabe, denn erst zwei Buchdeckel ergeben zusammen mit dem Buchrücken die Buchdecke, die sich um den Buchblock schmiegt. Nähert man sich diesem Thema mit Hilfe der Herstellung an, so kann man zwischen zwei verschiedene Decken unterscheiden: Dem Maschinen- und dem Handeinband. Die Buchdecke wird als Maschineneinband erst komplett fertiggestellt und anschließend in den Buchblock eingehängt. Beim Handeinband verschmilzt die Decke mit dem Block, da zunächst beide Deckel an dem Buchblock befestigt werden, bevor der Buchrücken zum Schluss als verbindendes Element die Arbeiten beendet.

Samstag, 4. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 04. Dezember

Impressum


Vorne oder hinten? Beides, denn das Impressum kann sich in Büchern an beiden Stellen befinden. Für gewöhnlich stehen die Angaben, darunter Drucker/Verleger mit Anschrift, allerdings auf der Rückseite des Titelblatts.


Das Impressum mit der Verlags-/Herausgeber-Adresse, den Informationen zum Satz, zur Druckerei und Buchbinderei, der Umschlaggestaltung, dem Urheberrecht, der Papierart, den verwendete Schriften, den Übersetzungsrechten, den Förderungen, den Abbildungsrechten, der ISBN, dem Land und die Internetadressen lassen den Gestaltern allerdings wenig Freiraum, sodass einige Verlage ihre Impressumsseiten aus ästhetischen Gründen auf die letzte Seite verbannen. Das Impressum ist gesetzlich vorgeschrieben, um presserechtlich einen Verantwortlichen für den Inhalt kenntlich zu machen. In alten, wertvollen Büchern werden zudem oft Angaben zur Auflagenhöhe und zu den verwendeten Materialien gemacht.

Freitag, 3. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 03. Dezember

Der Buchrücken


Das größte Unglück, das ich als Leser erleben könnte, wäre ein Buchrücken, der schief, rund oder gebrochen ist. Furchtbar! Deshalb lese ich meine Bücher am liebsten so, dass man es dem Rücken nicht ansehen kann, wenn ich das Buch gefressen habe. Buchrücken, was ist das eigentlich und überhaupt?


Erst einmal verbindet er die beiden Buchdeckel miteinander – logisch. Dann ist er aber auch der Teil eines Buches, in dem der Block zusammengeheftet wird. Der Rücken kann mit vielen verschiedenen Adjektiven beschrieben werden: gerundet oder gerade, erhaben (mit Bünden) oder flach, hohlen oder festen. Die obere Kante wird als Kopf und die untere Kante als Schwanz bezeichnet.

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Adventskalender 2010 – 02. Dezember

Das Vorsatz


Der Vorsatz gehört in den juristischen Bereich, das Vorsatz hingegen zur Buchherstellung. Es ist das Doppelblatt in einem Buch, den jeder vorne und hinten findet. Eine Seite des Doppelblatts klebt am Buchdeckel, die andere klebt – zumindest als schmaler Streifen – am Buchblock fest, sodass das Vorsatzpapier das verbindende Element zwischen Papier und Deckel darstellt.


Die Doppelblätter haben sogar eigene Namen: Klebt es am Buchdeckel, heißt es Spiegel. Ist das Vorsatz hingegen am Buchblock befestigt, ist es frei und wird fliegendes Vorsatzblatt genannt. Das Vorsatz ist für das Buch sehr praktisch, schützt es doch die ersten Seiten vor Schmutz und verstärkt die Verbindung zwischen Block und Decke. Deshalb ist das verwendete Papier meistens wesentlich dicker als das, was für den Block verwendet wird. Das Vorsatzpapier wird ab und an bedruckt. Besonders gerne erinnere ich mich an die illustrierten Bücher von Walter Moers, die eine sehr aufwendige Vorsatzpapiergestaltung haben.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Adventskalender für Bücherfreunde

Auf twitter geht der Hashtags um wie eine schlimme Seuche: #Adventskalender. Eine Sammelstelle für hübsche Adventskalender speziell zum Thema Buch habe ich noch nicht entdeckt. Die Aufgabe übernehme ich daher für dich, lieber Leser und wünsche dir viel Spaß beim Stöbern und Entdecken. Habe ich jemanden vergessen? Bitte kommentieren!

Verlag Eugen Ulmer
Verlag Antje Kunstmann
Carlsen Verlag
Eye Said it Before
Piper Verlag
Eichborn
Börsenblatt
Mayerschen
buecher.de
Love Letter
Jokers
Audible
Weltbild
Fantastische Bücherwelt
Bastei Lübbe
Buchbesprechung
Der Audio Verlag
Garten-Literatur
WritingWomans Adventskalender
Birgit Ebbert
Sprachlicher Adventskalender
libreka
Kinderredaktion
Bloomsbury
literaturcafé
Valentinas-Kochbuch
Mein Lesetipp
Verlagsgruppe Oetinger
Thienemann Verlag
dtv Magazin

Adventskalender 2010 – 01. Dezember

Der Buchblock


Woraus besteht ein Buch? Aus Geschichten, Ländern, Figuren, Handlungen und Problemen, doch vor allem aus Papier. Es kann bereits bedruckt sein, geklebt oder fadengeheftet. Diese Papierblätter ergeben in ihrer Gesamtheit ohne die Buchdecke oder den Buchumschlag das, was sich der Buchblock nennt.

Dienstag, 30. November 2010

Adventskalender 2010

Es weihnachtet sehr, auch in meinem Blog. Lieber Leser, in den nächsten 24 Tagen erkläre ich dir die Bestandteile des Buchs mit Hilfe von weihnachtlichen Fotos. Ich hoffe, du wirst Spaß an meinem bibliophilen Adventskalender haben und vielleicht auch etwas lernen. Damit du nicht mehr »Dingens!« und »Das da halt!« sagen musst, wenn du deine Schätze beschreiben möchtest.

Da waren es nur noch 665!


Verschwörung! Ganz sicher! Mich packte gestern der Nostalgie-Blues, als ich beim nächtlichen Stöbern auf ein besonderes Buch stieß: Bram Stokers »Dracula«. Das Buch gibt es in gefühlten zwei Milliarden verschiedenen Ausgaben, aber ich stieß durch Zufall genau auf eine vom Hanser-Verlag aus dem Jahr 1997. Da durchfuhr mich ein wohliger Schauer voller wunderbarer Erinnerungen. Als Kind verschlang ich nach Enid Blyton und den drei ??? die Bücher von Stephen King, bis meine Mutter irgendwann den Satz von sich gab: »Kind! Lies doch bitte etwas Ordentliches!«

Nach dieser Aufforderung, meine geliebten vergrabenen Untertassen, die toten Katzen und den gefräßigen Nebel hinter mir zu lassen, stöberte ich suchend durch unsere kleine Bücherei ... und stieß dabei genau auf diesen Klassiker der Weltliteratur. Es war genau dieselbe Ausgabe. Und es war Liebe auf dem ersten Blick.

Heute Abend war mir dann plötzlich klar, dass ich genau diese Ausgabe in meinem Regal stehen haben möchte, damit ich sie vielleicht mal wieder hervorhole, um sie zum vierten Mal zu lesen. Jetzt war die Zeit endlich da. Ich habe fieberhaft nach dieser besonderen Ausgabe gesucht. Nach einer Suchanfrage wurden mir tatsächlich 666 verfügbare Bram Stoker-Dracula-Ausgaben angezeigt, eine darunter war tatsächlich eine gut erhaltene Hanser-Ausgabe. Und nun? Siehst du, lieber Leser? Jetzt sind es nur noch 665 und ich warte gespannt auf mein Paket.

Montag, 29. November 2010

[TAG] – Geschenketipps in der FAZ

Ratschläge für unentschlossene Käufer – so nennt die FAZ den Artikel mit den Geheimtipps der Redakteure rund um Bücher, Videos und Musik. Interessant, was da so ab und an aufgelistet wird. Die Fragen finde ich spannend genug, um sie selbst zu beantworten. Und was sagst du so, lieber Leser?

Was süchtig macht:
Carlos Ruiz Zafón – Der Schatten des Windes (Suhrkamp, 2005)
Was zu Herzen geht:
Melinda Nadj Abonji – Tauben fliegen auf (Jung und Jung, 2010)
Was den Verstand schärft:
Roberto Bolaño – Die wilden Detektive (dtv, 2004)
Was das wieder kostet!:
Mark Z. Danielewski – Das Haus. House of Leaves (Klett-Cotta, 2007)
Was unbedingt sein muss:
Bram Stoker – Dracula (Hanser, 1992)
Was für Kinder:
Andy Stanton – Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum! (Sauerländer, 2010)
Was längst fällig war:
Ben Lerner – Die Lichtenbergfiguren (luxbooks, 2010)
Was bleibt:
Hermann Hesse – Narziß und Goldmund (Suhrkamp)

Mittwoch, 24. November 2010

Non-Book – Mitwachsendes Regal

Vor zwei Monaten habe ich mein letztes Buchregal bekommen. Es ist knapp zwei Meter lang und war noch am selben Tag voll. Endlich konnte ich die Bücher, die sich langsam aber sicher auf dem Boden stapelten, in luftige Höhen verstauen. Nun sitze ich da und sie lauern schon wieder in den Ecken. Die bereits gelesenen Bücher haben unter der Fensterbank inzwischen eine Höhe von fast einem Meter erreicht. Wenn dir, lieber Leser, dieses Problem bekannt vorkommt, dann wird dir folgende Erfindung bestimmt gefallen: Ein Bücherregal, das mitwächst.
Wenn ich für jedes Regal, das ich besitze, durch diese Technik 30 Zentimeter gewinnen würde, hätte ich auf einem Schlag 5,10 Meter Platz. Hört sich gut an, oder?

Eulen in der Literatur

»Ei Thanelchen«, erwiderte diese, »weißt du das noch nicht? Das ist ein böser Mann, der kommt zu den Kindern, wenn sie nicht zu Bett gehen wollen und wirft ihnen Händevoll Sand in die Augen, daß sie blutig zum Kopf herausspringen, die wirft er dann in den Sack und trägt sie in den Halbmond zur Atzung für seine Kinderchen; die sitzen dort im Nest und haben krumme Schnäbel, wie die Eulen, damit picken sie der unartigen Menschenkindlein Augen auf.«

Aus: E.T.A. Hoffmanns »Der Sandmann«. In: »Nachtstücke« – Frankfurt am Main: insel taschenbuch 1982. ISBN: 3-458-32289-2

Dienstag, 23. November 2010

Fünfte Folge: Die Aufklärung

Ein paar Schlagwörter der Aufklärung gefällig, mit denen man inzwischen auch wirklich Jeden jagen kann? Kant! Selbstständiges Denken und Handeln! Sapere Aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Diese Bewegung prägte den weiteren Verlauf, den das Kinder- und Jugendbuch erlebte.

Christian Wolff (1676-1754) legte fest, dass die Vernunft der Grund jeder Erziehung ist. John Locke definierte in diesem Sinne das Kind neu: Es ist ein vernunftbegabtes Wesen und hat eine eigene kindliche Seele. Jean-Jaques Rousseau entdeckte die Kindheit und plädierte dafür, Kinder ihrem Alter entsprechend zu behandeln und zu erziehen. Die Kindheit ist ein eigener Abschnitt, der eine besondere Erziehung verlangt. Diese Ratschläge setzte er in seinem Erziehungsroman »Emile« (1762) um. Gleichzeitig trieb er die Idee voran, dass Bücher das natürliche Verhältnis der Kinder zu ihrer Umgebung zerstören. Sie hatten in der Welt der Erwachsenen deshalb nichts zu suchen. Eine schlimme Vorstellung, meiner Meinung nach.

Die Philanthropen – die Menschenfreunde – bildeten sich heraus, unter ihnen war Johann Bernhard Basedow (1724-1790), der sich für eine natürliche Erziehung der Kinder einsetzte. Dazu gehörte ein spielerischer Umgang mit dem Lernen. Das Zentrum der Philanthropin – eigene schulische Anstalten mit kindgerechtem Unterricht – entstand in Dessau und überhaupt wanderte der Buchmarkt mit der Aufklärung vermehrt vom Süden in den Norden von Deutschland. Berlin, Leipzig, Halle und Braunschweig waren die neuen Zentren.

Zu den Erziehern in den Philanthropin in Dessau gehörte Joachim Heinrich Campe, der einer der führenden Reformer wurde. Seine Geschichte erzähle ich dir, lieber Leser, im nächsten Blogpost.

Montag, 22. November 2010

Veranstaltung: Kranichsteiner Literaturförderpreis

Es war still in dieser Ecke von Darmstadt. Weite Wiesen, die wegen des anbrechenden Winters gräulich erschienen, zertrampelt, aufgewühlt, keine Spuren. Zwischen Wegen und Klettergerüsten grenzten unzählige Schulen aneinander, mal Glas-Holz-Stahl-Konstruktionen, mal zerfallene Betonklötze mit farbigen-verblichenen Säulen, Treppen, Überdachungen und eingeschlagenen, vollgesprayten Fenstern.
Sich hier zurechtfinden? Zumindest ich hatte da so meine Probleme. Mein Ziel auf diesem Gelände voller Schulen? Bertolt Brecht. Diese Schule lud nämlich zu einer Veranstaltung ein, die zumindest ich hier niemals erwarten würde: Die Verleihung des Kranichsteiner Literaturförderpreises.

Warum in einer Schule? Die Veranstalter wollten näher an das Publikum heran und nahmen Platz in einer gymnasialen Oberstufenschule. Die Schüler, allem voran die Leistungskurse Deutsch, hatten sich im Unterricht mit den Texten der drei Finalisten beschäftigt. Unter ihnen waren Daniela Dröscher (Berlin Verlag), Ricarda Jung (S. Fischer) und Andre Rudolph (luxbooks) – zwei Prosa-Texte und ein Langgedicht.

Ich habe mehrere Jahre in einem Gymnasium unterrichtet, sodass ich weniger am Urteil der Kritiker-Jury (bestehend aus Lerke von Saalfeld, Burkhard Müller und Andreas Platthaus) interessiert war, als vielmehr gespannt auf die Reaktionen der Schüler wartete. Diese wurde zunächst nur zögerlich vorgetragen, da die namenlose Jury auf dem Podest sehr einschüchternd wirkte. Und es kam, wie es kommen musste.


Daniela Dröscher stellte ein Kapitel ihres neuen Romans vor, der sich um das Leben der Schauspielerin Pola Negri dreht. Ich fand die Textstelle wunderbar, ihren Stil zeitlos-blumig, die Einleitung spannungsreich. Den Kritikern war er zu bildgewaltig und die Schüler konnten mit dem Text wenig anfangen, was aber eher am Kontext lag: Lebte Pola Negri wirklich? Wer war Pola Negri? Was ist TBC? Das Verständnis litt gewaltig.


Ricarda Jung las eine Kurzgeschichte vor, die vor Lokalkolorit nur so strotzte. Eine glatte, schnörkellose Sprache, Personen mit Problemen, viele Nasen und Drillingsmotive waren typisch für ihren Text. Mir persönlich war die Sprache zu platt und einfach, die Handlung und der Aufbau sehr konservativ und wenig überraschend, doch der Jury gefiel diese Kriminalgeschichte, insbesondere die einsame Atmosphäre des Drei-Figuren-Kosmos, sehr gut. Und den Schülern? Die Autorin schien zu verzweifeln – spätestens nach dieser Aussage: »Ich glaube, ich habe Ihre Intention nicht verstanden.« Und so ging es vielen: Die Handlung blieb zu wage, viele Wendungen wurden nur angedeutet und aufgeklärt schon mal gar nicht. Das verschreckte die jungen Leser eindeutig.


Andre Rudolph trat als letzter Finalist vor das Mikrofon. Sein Verleger Herr L. saß im Publikum und schien etwas nervös und vor allem sehr gespannt zu sein, denn sein Schützling hatte am Telefon eine Überraschung angekündigt. Einen neuen Text. Ein Experiment. Ein Langgedicht. »in der nordstraße...« behandelte eine bekannte Straße in Leipzig und der Autor versetzte sich in die Prostituierten, Alkoholiker und Spielsüchtigen, die dort im Park hausten. Er ließ sie alle sprechen, wechselte die Perspektiven und schaffte es mit viel Ironie und zweideutigen Passagen, die Zuhörer bis zum Schluss zu fesseln. Die Jury? Lobte. Die Schüler? Lobten ausgesprochen viel. Die Jury? Kritisierte die Verwendung von »...« – und die Schüler? Verteidigten den Schriftsteller.

So kam es, dass sich an diesem Tag die Lyrik durchsetzte und Rudolph den mit 5.000 Euro dotierten Literaturförderpreis gewann. Die Schüler-Jury stimmte ebenfalls für den luxbooks-Lyriker, der somit weitere 1.000 Euro erhielt. Andre Rudolph zeigte sich nach der Preis-Vergabe erleichtert. Sein Gedicht ist noch nicht abgeschlossen, und der Förderpreis bestätigt seine bisherige Arbeit an dem Text. Sein Debütband liegt im Verlag luxbooks vor.

Die Jury sprach von einem »Sprachkonzert« und einem »dicht verwebten Stimmenteppich«. Es gebe so viele Subjekte in dem Gedicht, dass der Erzähler zum Zuhörer wird. Die Mehrdeutigkeit gefiel vor allem dem FAZ-Redakteur Andreas Platthaus: »Das Sternzeichen Krebs mit der Krankheit zu kombinieren, ist schon ziemlich böse. Genauso die vom Adler gefressene und immer wieder neu nachwachsende Leber von Prometheus mit einem Alkoholiker zusammenzubringen.« Die Hinweise auf Homer seien gut gewählt und sehr klug eingebaut. Rudolph hat es geschafft, die Moderne und das epische Gedicht zu vereinen.

Wenn es einen Förderpreis gibt, existiert dann auch ein Kranichsteiner Literaturpreis? Ja, und er wurde am selben Tag verliehen. Er ist mit 20.000 Euro dotiert und ging dieses Jahr an die 1964 geborene und in Paris lebende Schriftstellerin Anne Weber. Sie erhielt den Preis als Anerkennung für ihr Werk. Damit tritt Weber in die Fußstapfen von Herta Müller, Martin Mosebach, Jan Faktor oder Helga M. Novak.

Zitate zum Thema Buch

»Ich habe Ruhe gesucht, überall und habe sie am Ende gefunden in einem engen Winkel bei einem kleinen Buche.«

Franz von Sales

Über die Buechereule

Ein wenig spät folgt nun ein kleiner Begrüßungspost mit einer kurzen Beschreibung, wer hier überhaupt bloggt. Als Buechereule mache ich gerade und schon immer Hessen unsicher. Ich bin 24 Jahre jung und studiere die absoluten Traumfächer schlechthin: Buchwissenschaft und Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. In meiner Freizeit lese und schreibe ich nicht nur gerne, sondern mache die Gegend mit meiner Canny und meinem Wortschatz unsicher.


Über meinem Bett hängt ein riesiges Poster von Hermann Hesse, ein Buchberg hat vorheriges Jahr meine Mutter erschlagen und überhaupt liebe ich diese kleine, quadratische rechteckige Erfindung, in der sich so viele Geschichten verstecken. Von dieser Leidenschaft möchte ich dir, lieber Leser, etwas vermitteln.
Ich hoffe, dass du viel Spaß mit meinem Blog hast.

Buchrezensionen auf dem Buechereulen-Blog

Hier findest du, lieber Leser, alle Buchrezensionen aufgelistet, die ich jemals gebloggt habe. Ich werde sie alphabetisch nach dem Namen des Autors ordnen.

Abonji, Melinda Nadj: »Tauben fliegen auf«

Apel, Friedmar: »Nanettes Gedächtnis«

Barnes, Jonathan: »Das Albtraumreich des Edward Moon«

Brontë, Emily: »Sturmhöhe«

Cast, P. C./Kristin: »House of Night 1: Gezeichnet«

Die drei ???, Top Secret Edition: »Brainwash – Gefangene Gedanken«

Die drei ???, Top Secret Edition: »High Strung – Unter Hochspannung«

Rezension – Top Secret Edition Die drei ???: »House of Horror – Haus der Angst«

Frost, Jeaniene: »Der sanfte Hauch der Finsternis«

Hildesheimer, Wolfgang: »Paradies der falschen Vögel«

Huston, Charlie: »Stadt aus Blut«

Lancaster, Mike: »0.4 – Eine perfekte neue Welt«

Nabokov, Vladimir: »Lolita«

Nothomb, Amélie: »Der japanische Verlobte«

Perec, Georges: »Ein Kunstkabinett«

Stiefvater, Maggie: »Lamento. Im Bann der Feenkönigin«

Teller, Janne: »Krieg. Stell dir vor, er wäre hier«

Thiemeyer, Thomas: »Chroniken der Weltensucher – Der gläserne Fluch«

Zafón, Carlos Ruiz : »Marina«

Zafón, Carlos Ruiz: »Mitternachtspalast«

Freitag, 19. November 2010

Rezension – Georges Perec: »Ein Kunstkabinett«


Die legendäre Kunstsammlung des Bierbrauers Raffke wird in Ohio erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Mit Mittelpunkt steht ein Gemälde, das auf einigen der deutschen Buchausgaben abgebildet ist und das ich unglaublich liebe: Es ist ein Gemälde, das ein Gemäldezimmer zeigt, in dem das Gemälde hängt, das ein Gemäldezimmer zeigt – in dem wiederum das Gemälde hängt usw. Das Bild spiegelt das Zimmer mit den Gemälden unzählbar oft wieder. Der Künstler Heinrich Kürz hat als Besonderheit Details der abgebildeten und wiedergespiegelten Gemälde verändert, sodass die Besucher der Kunstausstellung im Jahr 1913 ganz versessen darauf sind, die Geheimnisse mit einer Lupe persönlich zu ergründen.

Der Bierbrauer stirbt und wird zusammen mit seiner Kunstsammlung beerdigt. Das Sterbezimmer wird dabei genauso arrangiert, wie es im Gemäldezimmer aussieht: Dieselben Bilder hängen an der Wand, eine Staffelei steht in der Ecke und der Tote sitzt in einem Sessel. Nur noch der Hund an seiner Seite fehlt. Die Sammlung von Raffke wird versteigert, bis viele Jahrzehnte nach seinem Tod ein Brief auftaucht, der die gesamte Kunstszene durcheinander bringen wird.


Leider will Georges Perec dem Leser hier etwas vermitteln, was ihm nicht ganz gelingt: Er baut ein starres Gerüst auf, das Fakten wiedergeben soll. Rein dokumentarisch soll »Ein Kunstkabinett« sein und Seite um Seite ergeht sich Perec in Beschreibungen der Bilder, der Entstehungsgeschichte, der Besonderheiten und den Verkaufspreisen. Kunstexperten und Zeitungen werden eingearbeitet und zitiert. Und doch habe ich ihm diesen Stil nicht abgenommen. Ständig habe ich auf den roten Erzählfaden gelauert. Versteckte er sich etwa und kam nach der Beschreibung des besonderen Gemäldes? Nein. Nach dem Tod von Raffke? Nein. Ging es endlich nach der Versteigerung los? Nein, denn Perec bleibt auf seiner künstlich wirkenden, starren Dokumentarebene, mit dem sich der Leser abfinden muss. Mit ihrer Hilfe baut er eine Welt auf, sucht sich Beweise und Rechtfertigungen, die er innerhalb der letzten zwei Seiten komplett zerstört – und das relativ brutal und gnadenlos. Lieber Leser, suchst du ein Buch, das dich vor den Kopf stößt? Bist du masochistisch verlangt? Dann schnapp dir diesen Perec und leide!

Was zurückbleibt ist lediglich das unbestimmte Gefühl, etwas verpasst zu haben: Unzählige Anspielungen, mehrdeutige Passagen, Insider aus dem Kulturbetrieb. Um das allerdings aufzuarbeiten und komplett verstehen zu können, reicht es nicht, das Buch erneut zu lesen. Eine Dissertation über Perec und sein Werk wäre ebenfalls nötig. Zusammen mit einer über den Kunst- und Kulturbetrieb. Schade.

Das Kinder- und Jugendbuch – Die Realienpädagogik des 17. Jahrhunderts

Anfang des 17. Jahrhunderts beginnt für das Kinder- und Jugendbuch die entscheidende Phase mit einem Umbruch im Denken der Gesellschaft: Es entwickeln sich Verlage, die speziell für Kinder und Jugendliche publizieren und auch Autoren, die für diese Zielgruppe schreiben. Doch wo beginnt diese Entwicklung?

Vielleicht bei Johann Amos Comenius. Der Philosoph, Theologe und Pädagoge lebte von 1592 bis 1670 und beklagte sich über die Schulpädagogik. In den Büchern würden nur Wörter stehen, keine veranschaulichende Beispiele. Es wären nur komplexe, abstrakte Sachverhalte, keine Dinge. Keine Realien. Aber gerade die könnten das Lernen und das Verstehen erleichtern. Die Realienpädagogik des 17. Jahrhunderts war somit geboren. Comenius forderte im Wesentlichen drei Dinge: das Erkennen der Dinge, der Zusammenhänge und der Welt. Es entstanden Realienkabinette, die beim Begreifen und Verstehen helfen sollten. In der Welt der Bücher arbeiteten die Verleger zur Veranschaulichung mit Holz-, später mit Kupferstichen. Eine weitere Erneuerung war der Unterricht in der Muttersprache. Die Schulbücher waren jetzt auf Deutsch verfasst und nicht mehr auf Latein.

Das erste bewusste Kinderbuch war das »Orbis sensualium pictus« (Nürnberg, 1658). Es beschrieb das Wandern durch die Welt mit Hilfe von 200 Tafeln. Der Titel führt ein wenig in die Irre, denn das Buch ist zweisprachig geschrieben und hat sowohl eine »Invitatio« als auch eine »Einleitung«.

Telemann Olearius verfasste die »Deutsche Sprachkunst« (1630), in der Bilder zur Orientierung dienten und die Fantasie anregten. Das »A« wurde den Kindern als Aal vermitteln (ein Regenwurm mit dem Kopf einer Gans), der sich so ringelte, dass die Figur dem Buchstaben ähnelte. Das »O« war als Ohr abgebildet und das »V« logischerweise als geöffnete (Taschen-) Uhr – schließlich arbeitete Telemann Olearius noch mit dem lateinischen Alphabet.

Die Realienpädagogik des 17. Jahrhunderts veränderte den Markt des Kinder- und Jugendbuchs. Die wesentlichen Veränderungen spiegelten sich im Bedeutungsverlust des Lateinunterrichts wider. Stattdessen wurden Geschichte, Erdkunde und Naturkunde in der Schule bevorzugt. Die Adaption von Wissen war auf die kindliche Auffassungsgabe angepasst und Bilder kamen zum Einsatz. Können diese Entwicklungen noch übertroffen werden? Natürlich – und zwar in der Zeit der Aufklärung.

Mittwoch, 17. November 2010

Bücher-Haul – Suhrkamp-Spezial

Endlich lag das letzte Buch bei mir im Briefkasten und ich freue mich schon seit der Bestellung darauf, beide endlich in den Händen zu halten. Die Rede ist von zwei Siegfried Unseld-Büchern: Einmal »Briefe an die Autoren« (Bibliothek Suhrkamp, 2004) und einmal »Der Autor und sein Verleger« (suhrkamp taschenbuch, 1985). Leider bin ich ein Mensch, der sich für Bücher unheimlich schnell begeistern kann. Als Herr S. in einem Seminar das blaue Taschenbuch als Lesetipp hochhielt, war es sofort um mich geschehen. Gerade deshalb, weil es um den deutschen Traditionsverlag mit seinen unglaublich tollen Autoren geht.


Von den aktuellen Ereignissen und Entwicklungen mag jeder sagen und denken, was er möchte, aber ich selbst liebe die Geschichte des Verlags: Die Anfänge mit Peter Suhrkamp, der Kampf gegen die Nationalsozialisten, der Bruch mit dem S. Fischer-Verlag, der junge Siegfried Unseld, der mit den Taschenbüchern den Markt auf den Kopf stellte, die wilden 68er und natürlich die Autoren und die Beziehung des Verlags zu ihnen. »Wir verlegen keine Bücher, wir verlegen Autoren«, betonte Unseld und drückte damit seine Verlagsphilosophie aus.

Ich freue mich auf eine weitere Dosis Suhrkamp-Kultur, wenn ich mir die Aufgaben eines literarischen Verlegers anschaue. Wenn ich Hermann Hesse, Bertolt Brecht, Rainer Maria Rilke, Robert Walser und ihre Verleger auf dem Weg zum fertigen Buch begleite. Ich freue mich auch auf das Stöbern in den Briefen zwischen Unseld und den Suhrkamp-Autoren. Beim ersten Hineinschnuppern fiel mir sofort der erste Brief ins Auge, der an Hermann Hesse adressiert ist – vom 31. Dezember (1951). Ein gutes Datum, um mit diesem Buch zu beginnen, wie ich finde.

Dienstag, 16. November 2010

Das Kinder- und Jugendbuch – Das 16. Jahrhundert

Wie sieht das 16. Jahrhundert aus? Gibt es hier schon Kinder- und Jugendbücher? Jein, denn dafür fehlte bislang das richtige Bewusstsein der Aufklärung. Kinder waren lediglich kleine Erwachsene. Es gab zwar Kinder- und Jugendbücher (ich werde dir, lieber Leser, gleich einige vorstellen), allerdings waren sie nicht auf diese Zielgruppe abgestimmt. Es waren eben Bücher für kleine Erwachsene.

Der erste Bestseller erschien in der Sparte der religiösen Unterweisung: Der Katechismus von Martin Luther wurde als Buch in Dialogform gedruckt. Auf eine religiöse Frage gab es eine passende Antwort, einen Kommentar und ein Bild dazu. Mit wahrscheinlich über 100.000 Büchern war die Auflage dieses Buches gewaltig – vor allem, wenn man sie in Relation zur damaligen Lesefähigkeit setzt.

Rechnen und schreiben? Kein Problem im »Ein newgeordnet Rechenbüchlein« von Jakob Köbel, das 1514 in Augsburg gedruckt worden ist. In diesem Elementarwerk behandelte Köbel alle Grundrechenarten, zudem noch das Münz- und Maßwesen.

Interessant ist die Betrachtung des ersten deutschsprachigen Buches mit Illustrationen: Es heißt »Edelstein« und gehört zu den Bamberger Frühdrucken, die 1461 erschienen sind. In diesem Werk spielen der schlaue Fuchs und die hinterlistige Schlange eine Rolle, denn es geht um Fabeln. Die Illustrationen erzählten Geschichten, die alle mit einer Moral enden. Ein Beispiel? Vater und Sohn gehen mit einem Esel auf Reise. Der Sohn sitzt auf dem Tier, bis ihnen ein Wanderer entgegenkommt und schimpft, warum denn der gesunde Junge auf dem Tier sitze und nicht sein alter Vater? Sie tauschen die Rollen und der Junge führt den Esel, bis ein anderer Wanderer kommt, der ebenfalls schimpft: »Wieso sitzt der egoistische Vater auf dem Esel und lässt das arme Kind den ganzen Weg laufen?“ Da setzen sich beide auf den Esel und reiten weiter. Was kommt nun? Natürlich ein dritter Wanderer, der wieder schimpft, dass sie viel zu schwer für das arme Tier seien. Die Moral von der Geschichte? Man kann es nie jedem rechtmachen.

Ein Tisch, auf dem ein großer Kothaufen liegt, ist typisch für den Eulenspiegel. Diese Anti-Didaxe richtete sich damals gegen alles: Gegen die Zünfte und Handwerker, gegen die vorherrschende Moral und die Verlogenheit der Gelehrten. Der Name leitet sich von der Eule ab, die für die Athene steht und ein Zeichen der Weisheit ist – ebenso wie der Spiegel. Diese Weisheit wird allerdings mit einem Holzhammer vermittelt, wie er frivoler, anstößiger, ordinärer und obszöner nicht sein könnte. Verwundert es daher, dass die Bücher ohne die Nennung eines Verlags oder eines Autors erschienen sind? Dies hinderte die Forschung bislang aber nicht daran, Theorien zur Urheberschaft zu entwickeln. Als möglicher Verfasser kommt Herman Bote, ein Zollschreiber aus Braunschweig, infrage. Es ist ein norddeutscher Text, der wegen den Typen allerdings in Straßburg gedruckt worden ist. Die Anfangsbuchstaben jedes Kapitels bilden den Namen des potentiellen Verfassers. Die erste nachweisbare Ausgabe erschien 1515 bei Grüniner, allerdings wird vermutete, dass der Eulenspiegel dort bereits 1510/11 gedruckt worden ist. Es ist ungewöhnlich, dass der Verlag und der Autor zur damaligen Zeit so weit voneinander entfernt lagen. Nun aber zum Eulenspiegel selbst: Das Buch beinhaltet 96 Geschichten und beginnt bei der Taufe und endet mit der Beerdigung von Eulenspiegel. Den Holzhammer packte der Verfasser in allen Geschichten aus. Einmal verteilte Eulenspiegel das Beste, was er jemals hervorgebracht hat: seinen eigenen Kot als Kügelchen, die er als Wundermittel verkaufte. Ein anderes Mal formte er Eulen und Meerkatzen statt den allgemein akzeptierten und anerkannten Bretzeln in der Backstube. Eulenspiegel vermittelte eine harsche Art der Erziehung, weshalb auch fraglich ist, ob er schon damals für die Kindererziehung geeignet war oder gar verwendet worden ist.

Wie ging es mit den Vorläufern der Kinder- und Jugendbüchern weiter? Die Volksbücher bedienten ein weiteres Feld. Die »Melusine« (Basel, 1475) behandelte das Märchen einer Meerjungfrau und wurde in den Volkssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch verbreitet. In »Fortunatus« (1509, Augsburg) suchte ein Kaufmann nach seinem Glück und fand es durch sein geschicktes Handeln und Wissen. Das Buch von Johann Otmar ist mit Holzschnitten von Jörg Breu d. Ä. illustriert und erschien nachweisbar in mindestens 16 deutschen Auflagen. Somit war »Fortunatus« für mindestens drei Jahrzehnte ein Besteller.

Montag, 15. November 2010

Lesezeichen – Schussfest? Treffsicher!

Durch meine Arbeit komme ich manchmal in den Genuss, merkwürdige Sachen zu erleben. So beispielsweise auch an einem Sonntag vor zwei Wochen, als ich mich auf einer Schießanlage wiederfand und drei grazile Damen mit ihren Luftgewehren auf mich zielten. Das Ganze klingt vermutlich schlimmer, als es in Wirklichkeit war. Die Gewehre waren natürlich gesichert und ungeladen und eigentlich zielten sie nicht auf mich, sondern in das Weitwinkel-Objektiv meiner Kamera.


Weil ich mich im Anschluss so nett mit dem Vorsitzenden der Schützengilde unterhalten hatte, durfte ich dann auch mal selbst meine Kamera gegen ein Luftgewehr tauschen. Die Zielscheibe lag zehn Meter entfernt und die Waffe war ziemlich schwer. Da ich es gewohnt bin, mich beim Arbeiten mit dem Tele auf meine Atmung zu konzentrieren, klappte der erste Schuss erstaunlich gut. Beim Zweiten versagten meine Kräfte – die Waffe ist dann doch um einiges schwerer als meine Ausrüstung. Immerhin habe ich jetzt ein hübsches, selbst geschossenes Lesezeichen, das demnächst bei Krimi-Büchern seinen Einsatz finden wird.

Sonntag, 14. November 2010

In 40 Tagen ist Weihnachten

Wortschatz und ich tauschen jedes Jahr vor Weihnachten Wunschlisten aus. Das ist eine sehr praktische Erfindung, die einem sein Wunschgeschenk garantiert. Da die Listen immer sehr lang werden, geht der Überraschungseffekt auf keinen Fall flöten.

In diesem Jahr wird es jedoch eine kleine Änderung geben, denn ich werde nur einen Wunsch vermerken. Den Weltfrieden? Eine B 42? Eine Leica M9 mit einem 50/1:0,95 ASPH-Objektiv? Nein, ich wünsch mir einen Baum – einsehbar hier. Natürlich selbstgebastelt. Mal schauen, inwieweit der Ehrgeiz von Wortschatz angestachelt wird. Eine komplett leere Weihnachtswunschliste wirkt bestimmt Wunder. Hoffentlich!

Post Scriptum: Falls dieser Post als »doof« bewertet wird, darfst du, lieber Leser, nur einmal raten, wer das gewesen sein dürfte.

Gespräche aus dem Alltag einer Büchereule

Vor grauen Urzeiten absolvierte ich ein Praktikum in meiner Stammbuchhandlung. Die freundliche und fachkundige Betreuung der Kunden stand dort im Mittelpunkt und sicherte mir einige unvergessliche Erlebnisse. Aber nicht das Mädchen, die nach »Göthe« suchte, gewann mein persönliches Ranking der lustigsten Augenblicke, sondern ein älterer Herr. Ich traf ihn bei der Belletristik-Abteilung an.

»Guten Tag, kann ich Ihnen weiterhelfen?«
»Ja, vielleicht. Wissen Sie, ich suche ein Buch. Einen historischen Roman, aber nicht mit soviel Geschichte.«

Morgen gehe ich zum McDonald's und bestelle einen Cheeseburger ohne Käse. Mal schauen, ob ich mich in einigen Jahren in einem Fastfood-Blog wiederfinden werde.

Samstag, 13. November 2010

Rezension – Amélie Nothomb: »Der japanische Verlobte«


Die großen Zeiten der Schriftstellerin Amélie Nothomb sind vorbei. Vorerst zumindest. Ich bin zwar eigentlich ein großer Fan seit frühester Stunde, doch eher von ihren fiktionalen und eher weniger von ihren autobiografischen Werken. Leider gehörten ihre letzten Veröffentlichungen zur zweiten Kategorie. Leider bestätigten sie meine Meinung. Mal wieder, und das macht mich sehr unglücklich.

In »Der japanische Verlobte« erzählt die Autorin, wie sie in Japan Französisch unterrichtet, um besser japanisch zu lernen. Dabei lernt sie Rinri kennen. Nicht ihr Zusammenkommen ist interessant, sondern die kulturellen Unterschiede, die die Belgierin und der Japaner in ihrer Beziehung gemeinsam meistern müssen. Dabei rutscht die Autorin ein wenig ins Esoterische ab, beschreibt eine gruslige, jedoch gelungene Nahtoderfahrung und ihre etwas merkwürdige Liebe zu japanischen Gebirgen und zum Bergsteigen im Allgemeinen. Ob sie und Rinri gemeinsam glücklich werden können? Wer Nothomb kennt, wird auch die Antwort erahnen.

Amüsant und kurzweilig, mehr aber leider nicht, denn irgendwie bleibt die Geschichte zu oberflächlich, um mir einen genauen Einblick in die verschiedenen Kulturen zu liefern. Astronautenfutter und Sprachverwirrungen alleine genügen mir nicht. Ich habe mehr erwartet.

Liebe Amélie Nothomb, ich hoffe, dass Dein nächstes Buch wieder genauso spannend, böse, fiktional, skurril wird, wie beispielsweise »Der Professor« – meiner Meinung nach Dein bestes Werk. Von mir gibt es dafür leider nur die Note 3-4.

Donnerstag, 11. November 2010

Gespräche aus dem Alltag einer Büchereule

Letztens habe ich zwei bekannte Buchhändler besucht. Nachdem ich im Laden gestöbert und nett mit ihnen geplaudert habe, klagte ich ihnen mein Leid.

»Ihr habt es so gut. In eurem Laden sind alle Bücher fertig, sehen schön aus und haben meistens auch ein tolles Innenleben. Aber im Verlag bekommt man die tollsten Sachen auf den Tisch gestellt: Unverlangt eingesandte Manuskripte. Es gibt wenig Zeug, das schlimmer oder erschreckender ist. Besonders schlimm sind Männer im mittleren Alter, die ihre Urlaubsreisen in ihren Romanen verarbeiten. Oder kleine Beamtinnen, die immer mit ungeheuer blutrünstigen Krimis ankommen. Schlechte Lyrik? Psychopathische Figuren mit Über-Mutter? Langweilige Biografien? Flache Handlungen? Klischee-Charaktere? Unter 100 Manuskripten kann man vielleicht eins oder gar zwei zur genauen Prüfung anfordern. Der Alltag im Verlag kann grausam sein.«

Da schüttelte Frau M. entschieden ihren Kopf. »Hast du eine Ahnung. Du bekommst das Zeug per Post. Wir haben die Leute gleich persönlich am Hals, die uns ihre Romane zum Verkauf andrehen wollen. Wohlgemerkt die, die im Selbstverlag erschienen sind. Bis du die abgewimmelt hast ...!«

Natürlich ist ihre Situation schlimmer. Menschen, die einem etwas andrehen wollen, sind fast immer schlimm. Aber auch aus einem anderen Grund ist meine Arbeit dann doch wesentlich besser, denn immerhin habe ich noch jedes Mal die Hoffnung, etwas Neues, Großartiges, Unglaubliches zu entdecken. Immer, wenn ich einen der großen, dicken Umschläge öffne, die ordentlich ausgedruckten Seiten in die Hände nehme, das Anschreiben, das Exposé und den Textauszug lese, hoffe ich, irgendwann einmal den nächsten Bestseller in den Händen zu halten. Ganz in Ruhe, ohne ein Verkaufsgespräch.