Heute ist der 3. März 2011 – der Tag, an dem Oksa Pollock offiziell nach Deutschland kommt. Mit großem Tamtam und viel Getöse kündigt der Oetinger Verlag das Buch »Oksa Pollock – Die Unverhoffte« an. Ist die ganze Manie berechtigt?
Zu Rezensionszwecken habe ich das Buch bereits vor einem Monat gelesen und schrieb meine Meinung dazu in ein Bücher-Medien-Magazin für Kinder. Es kam daher in einem blauen Oksa-Paket mit rot-blau-gestreifter Krawatte, Pressemappe und einem Notizblock daher. Interessant, was für Kräfte der Oetinger Verlag bereits im Vorfeld für das Buch mobilisiert hat. Der Verlag hat 5.000 Rezensionsexemplare verschickt – als Taschenbücher gebunden, obwohl das Buch selbst als Hardcover erscheint.
Der Inhalt ist schnell beschrieben: Das Mädchen Oksa Pollock hat es nicht leicht. Gerade erst ist sie mit ihrer Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Großmutter, von Paris nach London umgezogen, als plötzlich merkwürdige Dinge passieren. Sie kann Gegenstände bewegen, ohne sie zu berühren und schleudert Feuerbälle aus ihren Händen. Zum Glück ist ihr bester Freund Gustave mit seiner Familie ebenfalls nach London gezogen und steht ihr bei. Gemeinsam mit ihm ergründet sie ihre neuen Kräfte, wehrt sich gegen den fiesen Mathelehrer der Schule und stößt bald auf ein unglaubliches Familiengeheimnis. Plötzlich steht Oksa vor der größten und gefährlichsten Herausforderung ihres Lebens.
Dem Buch wird ständig der Vorwurf gemacht, dass die Parallelen zu Harry Potter ziemlich groß sind. Ich weigere mich, dieser Aussage zuzustimmen. Oksa wächst in einer intakten Familie auf, es ist sogar ein drei Generationen Haushalt. Natürlich geht sie in eine (normale) Schule und erlebt natürlich gute und fiese Lehrer. Und es gibt eine reale und eine magische Welt, die in diesem ersten Band der Reihe nur bedingt aufeinandertreffen. Die Magie, die Oksa ausübt, ist eine ganz andere als die in den Potter-Büchern und baut nicht nur auf besondere Kräfte auf, sondern auch auf die Wirkung verschiedener Stoffe im Granuk-Spuck. Dass Oksa eine besondere Rolle der ultimativen Heldin übernimmt, ist in Fantasy-Büchern auch nichts Neues. Es gibt viele neue magische Wesen und noch weitere, neue Ideen. Ein zweiter, französischer Potter? Mitnichten.
Ich hatte mit dem Buch so meine Probleme. Zum allerersten Mal in meinem Leben habe ich mich zu alt für eine Geschichte gefühlt. Ich kann mir vorstellen, dass das Buch für Kinder und Jugendliche wunderbar ist, aber die Zielgruppe beschränke ich auf 10 bis 15 Jahren. Was hat mich an dem Buch gestört, das eigentlich so voller wunderbarer Ideen ist? Die Sprache, der Stil und die Erzählperspektive, die ich für dieses Genre ungewöhnlich und passend gewählt fand. Und die Tatsache, dass die französischen Autorinnen Anne Plichota und Cendrine Wolf den Lesern jeglichen Spielraum nehmen, sich eigene Gedanken zu machen. Stellt Oksa eine Frage, wird sie sofort beantwortet. Und zwar sehr ausführlich, mit allen Vor- und Nachteilen und allen nur erdenklichen Konsequenzen. Dadurch kam ich ziemlich schnell ins Blättern. Vom Stil her fand ich die ersten fünfzig Seiten unterdurchschnittlich, die gebrüllten und großgeschriebenen Wörter sind unerträglich. Liegt das vielleicht nur an der Übersetzung? Ich weiß es nicht.
Andererseits entwickeln die Autorinnen eine starke, sympathische, freche Hauptfigur, die ihrer Verantwortung stellt und für ihre Werte und Ideale kämpft: Für ihre Familie, ihre Freunde und ihre neue Welt. Für ein Kinderbuch also eine feine Sache.
Die Autorinnen Anne Plichota und Cendrine Wolf haben Oksa zunächst im Selbstverlag veröffentlicht, doch schon bald verlangten die Fans erbost, dass sie bei einem richtigen Verlag unterkommen und ihr magisches Abenteuer entwickelte sich zum Bestseller. Zeitgleich zum Roman erscheint heute auch das Hörbuch. Wird das Buch in Deutschland einen Hype auslösen, wie vor vielen Jahren Rowlings Bücher? Ich glaube nicht, denn dafür fehlt dem Buch der All-Age-Charakter.
Anne Plichota/Cendrine Wolf: Oksa Pollock – Die Unverhoffte
Oetinger Verlag, 590 Seiten, 19,95 Euro
ISBN: 978-3789145025Erscheint am: 03. März 2011
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