Dienstag, 31. Mai 2011

Aus dem Alltag einer Buechereule – Düstere Landschaften


Eigentlich dachte ich, dass mir Fotos mit Blümchen und Käfern – also klassische Naturfotografie – eher mäßig Freude bereiten könnten. Durch meine Arbeit bin ich eher mit Menschen und Emotionen konfrontiert und eigentlich schau ich mir am liebsten klassische Street- und Urbanmotive mit stark industriellen Einflüssen ein: Kaputte Fabriken, eingeschlagene Fenster, durchgebrochene Böden, Spuren aus einer Vergangenheit, in der die Zivilisation zurückgedrängt und wieder von der Natur erobert wird. Doch dann entdeckte ich das Spiel mit den Verschlusszeiten für mich.



Wortschatz und ich waren an einem heißen Frühsommernachmittag unterwegs. Er, um mit seiner Nahlinse und manuellem Fokus auf den Knien liegend Insekten zu fotografieren, ich zum Experimentieren. Bald schon entdeckte ich durch Zufall, dass eine Verschlusszeit von 1/8000 mitten in der hellen Sonne bei Blende 2.8 und kaum vorhandener ISO zu interessanten Effekten führt. Mein EF 24-70mm 2.8L USM-Objektiv zauberte ein mythisches Bokeh und eine bedrohliche Atmosphäre in der Lichtgestaltung des Motivs.


Wir waren über vier Stunden zu Fuß unterwegs. Zunächst in einem stadtnahen, gepflegten Naturraum mit Spielplatz, Sportpark, Bundesstraße und Unmengen an Hundehaufen, die von Myriden Fliegen laut summend bearbeitet wurden. Dann verließen wir die Zivilisation und die Tretminen verflüchtigten sich mit Hilfe der Bequemlichkeit moderner Stadtmenschen.


Wir fanden uns inmitten von Feldern mit Streuobstwiesen wieder. In den Tümpeln pfiffen, keckerten und quakten Frösche, das Schild des Imkers war verwittert wie eh und je und eine Feldlerche flog pausenlos singend an uns vorbei. Wir fotografierten Blumen, Wanzen, Marienkäfer und Ameisen. Wortschatz entdeckte zu seiner Freude zwei Königinnen. Dann hörten wir den Ruf des Kuckucks, unermüdlich, lockend, bis er auch uns in den Schatten der Bäume zog.


Wir liefen, bis wir das Geräusch fiepender Katzenkinder hörten und entdeckten in einer Baumhöhle das Nest eines Buntspechts. Bald kamen die Eltern und wir ließen sie in Ruhe ihren Nachwuchs füttern. Immer weiter rief der Kuckuck und der Wald verschluckte uns mit all seinen Mücken, spuckte uns an der Umzäunung einer Teststrecke aus und wirklich – er flog über unseren Köpfe vorbei. Groß, grau, ein verwaschener Schatten.

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