Montag, 29. August 2011

Aus dem Alltag einer Buechereule – Fototour durch Frankfurt


Es ist schon erstaunlich, wenn man weite Strecken fährt, um Hamburg, Lübeck, Köln, Berlin, Trier, Speyer oder Weimar zu erleben und dabei eigentlich vergisst, dass vor der eigenen Haustür so manche Sehenswürdigkeit auf Beachtung lauert. So ging es mir mit Frankfurt. Seitdem ich dort letztes Jahr allerdings kurz gearbeitet habe, suche ich die Mainmetropole eigentlich ganz gerne immer mal wieder auf. Dieses Mal mit Wortschatz im Schlepptau und unseren Kameras.



Es war ein Tag, an dem ich gänzlich neue Wege beschritt. Fangen wir oben an: Eigentlich mag ich zum Fotografieren keinen grauen Himmel. Ich liebe die Abendstimmung, sei es im Sommer oder im Winter. Sie lassen die Bilder weicher, melancholischer und geheimnisvoller wirken. Das führt mich zum zweiten Punkt: Eigentlich fotografiere ich so ziemlich alles, angefangen von Portraits, Makros, Sport bis hin zu experimentellen Langzeitbelichtungen, Nachtaufnahmen, Tiere und Landschaften. Aber Architektur? Das war absolutes Neuland für mich, was mich zum letzten Punkt führt: Ich stehe total auf Industriefotografie. Verfallene Fabriken, die von der Natur zurückerobert werden? Solche Fotografien könnte ich mir stundenlang anschauen. Nun aber hieß es, genau das Gegenteil zu erkunden: Die Skyline mit den klinisch toten Hochhäusern von Frankfurt. Das konnte heiter werden.


Im Vorfeld habe ich mir Videos eines Fotografen angesehen, der gerne Städtetouren macht und Architekturaufnahmen liebt. Nicht zu diesem speziellen Anlass, sondern aus Interesse und fand in Frankfurt dadurch doch so einige Ideen und Anknüpfungspunkte, die ich ausprobieren wollte. Ich, die normalerweise aus dem Brennweitenbereich zwischen 10-22mm gar nicht hervorkommt, schraubte mein 70-200mm-Objektiv an meine Kamera. Tauschte das Leben eines Ultraweitwinkel-Fotografen mit einem Telemenschen.


Dann hieß es nur noch, ein Gefühl für diesen Bereich zu bekommen. Schnell verfiel ich in alte Gewohnheiten und drehte und drehte an den 70mm, doch weniger wollten die Zahlen einfach nicht werden. Linienführung hieß mein neues Zauberwort, zusammen mit einer spannungsreichen Komposition, die Suche nach der Regelmäßigkeit oder nach einem Bruch im Muster. Hochhäuser als Ganzes abbilden? Langweilig! Details waren plötzlich gefragt. Wenigstens hier fand ich mich wieder heimisch, bilde ich doch im Weitwinkelbereich gerne intensive Ausschnitte an.


Wortschatz und ich stiegen in der Taunusanlage aus. Am Wochenende waren die Anzugträger hier rar gesät. Das Gebäude der Deutschen Bank fesselte mich und ich tobte mich an den Linien aus. Im Nachhinein stellte ich bei der Bearbeitung fest, dass die Orientierung an der einen, richtigen Linien bei der Perspektive höllisch schwer ist. Irgendwie scheint es so, als hätte ich immer die falsche erwischt. Wortschatz experimentierte mit seinem 100mm-Makro. Wir wanderten weiter zur Zeil.


Wegen dem Museumsuferfest und dem bescheidenen Wetter war die Zeil, die größte und bekannteste Einkaufsstraße in Frankfurt, relativ human begehbar für einen Samstag. Wir schlugen nach kleineren Shopping-Stops den Weg zum Kaiserdom ein. Studenten kommen hier für 1,50 Euro ganz nach oben. Im Vergleich zu Berlin oder Hamburg ein wahres Schnäppchen.


Kirchtürme erklimmen ist eine heimliche Leidenschaft von mir. Heimlich deshalb, damit ich trotzdem laut Fluchen und Schnaufen darf. Der Ausblick vom Kaiserdom aus überraschte mich ungeheuer und ich hätte nicht gedacht, dass das Panorama dermaßen gut ist. Der Taunus war gut zu erkennen und hinter der Skyline türmten sich die Wolken. Frankfurt schien in einer Kuhle zu liegen und um uns herum waren nur Häuser mit wenig Horizont, dafür aber mit einer deutlich erkennbaren Flugschneise. Lediglich der Messeturm, mein Frankfurt-Buchmesse-Messeturm, duckte sich hinter der Skyline und war unsichtbar.


Auf der Plattform lernten wir einen Sony-Fotografen kennen, der Zeitraffer-Videos von Frankfurt erstellt. Viereinhalb Stunden stand er oben auf dem Kaiserdom, um aus den Aufnahmen dann ein 24 Sekunden langes Video zu erstellen. Wir unterhielten uns über das richtige Stativ, Fernbedienungen und unseren Fotografie-Schwerpunkt.


Die Regenphasen überbrückten wir gekonnt mit einem deftigen Mittagessen und einem Nachtisch im nom nom, wechselten Objektive (Wortschatz klaute sich mein Weitwinkel) und pausierten im Chinesischen Garten.  Nach dem Essen las ich einen Auszug aus Angelika Klüssendorfs Roman Das Mädchen vor, denn ich habe mir am selben Tag noch das Lesebuch der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2011 geholt. Scheiße noch einmal, die Einleitung war scheißlustig; ich beobachtete fasziniert den Gesichtsausdruck von Wortschatz, während er beim Lesen über eine Scheiße nach der anderen Scheiße stolperte. So ein Mist.


Nachdem wir mehr als fünf Stunden unterwegs gewesen sind, verließen wir Frankfurt und zählten die Plätze auf, die wir nicht oder nur ungenügend aufgesucht haben. Und wir diskutierten über die Vor- und Nachteile von Zoom-Objektiven. Ich überredete ihm zu einem Weitwinkel-Objektiv, er mich zu einem Fisheye. Und wir bedauerten, viel zu wenig Bokeh-Witze gemacht zu haben.


Architekturfotografie? Ja? Nein? Ich einige mich mal auf ein Vielleicht. Im Laufe des Tages setzte sich bei mir ein Drang durch, der sich jetzt in den Bildern widerspiegelt: Der Reiz des Monochromen und Reduzierten, den ich bei Landschaftsaufnahmen gerne sehe, und jetzt vielleicht auch bei der Architektur. Ein Vielleicht also.


7 Kommentare:

  1. Ich mag solche Strukturen und geometrischen Linien sehr gern. Auf dem ersten Bild gefällt mir die Woolkenformation und das hervorbrechende Licht sehr gut. Welche Kamera benutzt du?

    AntwortenLöschen
  2. Meine heißgeliebte Canon EOS 40D :)

    AntwortenLöschen
  3. Ich bin ja vom Nikon-Lager und spare derzeit auf ein neues Modell. Solche Foto-Safaris sind wirklich eine feine Sache.

    AntwortenLöschen
  4. Ah, hatte ich das richtig in Erinnerung gehabt, dass du mit Nikon fotografierst. Ich mag das Geräusch, dass euer Verschluss beim Auslösen macht :-)

    Ich freu mich schon auf das Wochenende, denn dann machen wir den Zoo unsicher, und vielleicht noch einmal Frankfurt.

    AntwortenLöschen
  5. Ich hatte auch schon öfter 'ne Canon in der Hand, komme mit Nikon aber besser klar. Kann aber auch Einbildung sein ;)

    Kann man deine Fotos eigentlich noch irgendwo anders sehen (flickr ect.)?

    AntwortenLöschen
  6. Och, jeder hat seine eigenen Vorlieben. Die Hälfte meiner Kollegen fotografiert auch mit Nikon, die andere Hälfte Canon.

    Ich bin nur froh, dass Wortschatz sich vor einem halben Jahr auch für "meine" Marke entschieden hat - die gegenseitige Piesackerei unter Fotografen-Pärchen habe ich schon miterlebt und wäre mir auf die Dauer zu anstrengend ;)

    Auf was für ein Modell sparst du und warum? Hast du einen Lieblingsbrennweiten-Bereich?

    AntwortenLöschen
  7. Ich spare auf die Nikon D5100, einmal wegen des schwenkbaren Displays und auch wegen der Full-HD-Videofunktion, da ich in letzter Zeit auch bewegte Bilder für mich entdeckt habe und nicht zusätzlich noch einen Camcorder mit mir herumtragen möchte. Schließlich ist so eine DSRL nicht eben leicht und klein.

    Puh, Lieblingsbrennweite... schwer zu sagen. Weitwinkel habe ich mal ausprobiert (mit einer geliehenen analogen SRL), aber als ich dann diverse Kirchen und Panorama-Bilder geschossen hatte, war's auch gut. Gleiches gilt für das Thema Tele-Objektiv. Das kommt vielleicht später mal. Sonst reicht mir ein 35mm Allrounder und mein 50mm Nikkor, das ich gerne für Porträts nutze, weil das Bokeh zum Träumen ist und man den Leuten nicht direkt vor der Nase hockt beim Knipsen. Und du?

    AntwortenLöschen