Wo stehen die Menschen in dieser ersten Szene? Auf einem ausbrechenden Vulkan in Island? So ähnlich und fast. Das diesjährige Gastland der Buchmesse 2011 hat sich für seine Ausstellung einiges einfallen lassen und einen Raum entworfen, der absolut sehenswert ist und Island so präsentiert, wie ich es mir vorstelle: Mit einer unglaublichen Natur, Bücher lesenden Menschen, Büchern. Eben ein großes und gemütliches Lesezimmer.
Mein Blogpost zu Island kommt früh, sodass ich alle Messebesucher warnen kann, diese Halle während ihres Aufenthaltes nicht zu verpassen. Der lange, etwas versteckte Weg lohnt sich wirklich.
Die Halle ist dunkel. Überall sind riesige Leinwände aufgestellt, die im Raum zu schweben scheinen. Auf ihnen sind lesende Menschen aus Island projiziert. Sie schauen den Betrachter nicht an, blättern die Seiten um, lesen weiter und im Hintergrund sieht man ihre Privatbibliotheken.
Auf rechter Hand schlendere ich zum belebteren Teil der Halle. Hier spielen Musiker, stehen Stühle, Sessel und Tisch herum, können Getränke gekauft werden. Kronleuchter, echte Bücherregale mit einigen isländischen Neuerscheinungen und nette Details (eine Kommode mit einer Schreibmaschinen und ein Segelschiff aus Holz) sorgen für eine gemütliche, heimelige Stimmung. Eine Bücherwand schließt den Raum ab und Vorhänge mit aufgedruckten Buchstaben schweben von der Decke als optische Raumteiler ohne nähere Funktion. Hier drängen sich die Menschen, hier ist es laut. Als es zuviel wird, tauche ich ein in das Labyrinth lesender Menschen.
Stille, das leise Rascheln der umgeblätterten Seiten, Dunkelheit. Wer in dieser Halle abtaucht, vergisst den Messetrubel und kann sich wunderbar erholen. Zwischen den Leinwänden stehen vereinzelt Möbel umher, Teppiche, barocke, geschwungene Stühle und rustikale Tische, die in der Schwärze angestrahlt werden. Vereinzelt sind die Plätze besetzt mit echten, lesenden Menschen.
Mittendrin befindet sich das Herzstück der Halle: Ein viereckiger Raum, in dem an allen vier Wänden ein Film läuft, der Szenen aus Island darstellt: Ausbrechende Vulkane, in den heißen Quellen schwimmende Menschen, Nordlichter und sehr viele Panoramaaufnahmen der wundervollen Natur. Es fehlen nur noch rote Plüschsessel zum Hineinkuscheln, um sich ganz in dieser Illusion zu vergessen.
Schaut man genau hin, rasen die Radfahrer auf den Betrachter zu, unsichtbar durch ihn hindurch und hinter ihm fahren sie davon. Beim Vulkanausbruch, der im letzten Jahr für einen stillen, blauen Sommerhimmel über Deutschland gesorgt hat, scheinen die Zuschauer plötzlich in die Szene hineingeworfen zu werden.
Hinter den letzten Leinwänden ist ein Podium für die Lesungen und anderen Veranstaltungen, die ab Donnerstag hier beginnen werden. Es ist der einzige, helle Fleck in dieser Dunkelheit.
Es ist ruhig, gemütlich und wie ein riesiges Lesezimmer. Es ist einfach, natürlich und stilvoll. Argentinien hat mich letztes Jahr durch seine Vielfalt und sein Temperament beeindruckt, dieses Jahr verblüffte mich Island durch seine schmucklose Darstellung seiner Einzigartigkeit. In all dem Trubel, Stress und Überreizung ist diese Halle die reinste Erholung. Wenn Island genauso ist, muss ich da schnellstens hin. Schade, dass der Urlaub am Anfang des Jahres leider nicht geklappt hat.
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