Freitag, 28. Oktober 2011

Buchmesse 2011 – Merkwürdige Besucher (IV)

Ich verteilte rund 5000 Magazine während den fünf Messetagen. Es ist ein netter, allerdings sehr anstrengender Job, da man den ganzen Tag auf den Beinen ist und aktiv auf andere zugehen muss, um ihnen dann glücklicherweise ein gutes Produkt anzubieten. Ich habe sehr viele Menschen gesehen, aber niemand ist mir so gut im Gedächtnis geblieben wie dieses eine Mädchen.

Sie gehörte genau in meine Zielgruppe, ich ging lächelnd auf sie zu und hielt ihr das Magazin hin und erklärte kurz, worum es geht. Statt mein Lächeln zu erwidern, starrte sie mich an und während meiner Erklärung senkten sich ihre Augenbrauen immer tiefer. Irgendwann schaute sie nicht mehr grimmig, sondern richtig böse drein und ich hakte sie innerlich schon ab, aber sie griff bereitwillig nach dem Heft, während ihr Blick immer wütender wurde.

Ich habe noch nie in so schwarze, böse Augen geblickt. Die Messe schien plötzlich ein Stockwerk tiefer in der Hölle gelandet zu sein. Oder ich war einfach durch ein Wurmloch mitten rein in einen Horrorfilm gerutscht. Ich strahlte sie an, wünschte ihr einen schönen Tag und ließ mir nichts anmerken. Das Mädchen verstaute stumm und wortlos das Magazin in ihrem Rucksack, warf mir einen abgrundtief hasserfüllten Blick zu und wanderte weiter.

Sie war vielleicht zehn, oder elf Jahre alt, und ich verstand wirklich nicht, wie jemand meiner zwei-Espresso-Laune so widerstehen konnte. Ich verteilte weiter meine Magazin, schaute mal links, mal nach rechts in den Gang, verteilte munter weiter, und erblickte das Mädchen plötzlich wieder. Sie stand an der Ecke und schien genervt auf jemanden zu warten. Als sich unsere Blicke kreuzten, lächelte ich sie an, doch sie reagierte auch darauf nicht, warf mir gönnerhaft ihren hasserfülltesten Blick zu und verschwand.

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