Montag, 12. September 2011

Aus dem Alltag einer Buechereule – Neulich am Abholfach

Neulich in der Buchhandlung stehe ich in der Schlange vor dem Abholfach.
»Guten Tag, mein Buch steht dort in der zweiten Reihe ganz rechts. Es ist das erste.«
Hinter mir lacht ein Kunde auf: »Das haben Sie gesehen?!«
Ich zwinkerte zurück: »Das Buch ist so hässlich, das kann man gar nicht übersehen.«
Daraufhin schüttelte er nur ungläubig den Kopf. Ich bezahlte, stöberte und ging. Was war eigentlich passiert?

Das besagte Buch habe ich am Donnerstag bestellt, online bei meiner Lieblingsbuchhandlung. Es sollte eine zweisprachige Ausgabe von Oscar Wildes Dorian Gray sein. Nach langer Suche fand ich heraus, dass ich den Roman entweder auf Englisch und auf Deutsch bestellen oder auf eine zweisprachige Ausgabe aus dem Verlag Anaconda zurückgreifen musste. Eigentlich wollte ich von denen nie wieder ein Buch kaufen, denn meine Faust-Ausgabe war zum Weinen schlecht gesetzt und fehlerhaft. Ich drückte beide Augen zu und bestellte zähneknirschend die (günstige) Anaconda-Ausgabe. Vielleicht ist sie ja nicht ganz so schaurig (hoffentlich).

Am Samstag holte ich sie vormittags in meiner Buchhandlung ab. An der Abholtheke war ziemlich viel los und als nur noch zwei Leute vor mir standen, begann ich zu überlegen. Meine Bestellung lag schon länger als einen Tag zurück, also dürfte mein Buch nicht unten vor den Regalen griffbereit stehen, sondern müsste bereits in das Abholfach eingeordnet sein. Ich wusste, dass es dicker sein müsste (Anaconda hat dieses dicke, trockene Papier), zweifarbig mit einem billig aussehenden Design. Ein schnelles Überfliegen der Reihe genügte. Treffer, versenkt.

5 Kommentare:

  1. Ich hab Malte Laurids Brigge von Rilke in der Anaconda-Ausgabe hier stehen. Seinerzeit blind ertauscht auf Buchticket. Schön ist anders.

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  2. Ich hab da die wunderschöne Suhrkamp-Ausgabe in schwarz mit leuchtender Schrift im Regal stehen - arwhhh! Sexy Bücher! (:

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  3. Warum nicht beim Antiquar einkaufen? ... da gibt's die Klassiker inzwischen für Nullkommanix, ausserdem wird der Mann sein Glück kaum fassen, einmal in seinem Leben noch einen Wilde oder einen Rilke bei der Kundschaft abgesetzt zu haben ...

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  4. Das kommt noch, ganz bestimmt. Ich weiß nicht, wie es bei anderen Lesern ist, aber ich unterscheide stark darin, wofür ich das Buch letztendlich verwende.

    Die lieblos gemachte Dorian Gray-Ausgabe wird von mir restlos für eine Seminararbeit verputzt, die für mich alles andere als ein Vergnügen wird. Das Buch wird gemarkert, zugekritzelt, mit Post-its bearbeitet und ich weiß jetzt schon, dass ich es so zerarbeiten werde, dass es zum Schluss nicht nur Öhrchen, sondern auch einen verschrumpelten Rücken haben wird. Ein reines Arbeitsbuch halt.

    Aber irgendwann werde ich mir von meinen Lieblingsklassikern beim Antiquar richtig schöne Ausgaben besorgen, in denen ich dann privat genussvoll schmökern und lustwandeln kann. Darauf freue ich mich jetzt schon, da ich zumindest zwei Antiquare privat kenne.

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  5. Ja, ich kenn' das, meine Lieblingsbücher habe ich gleich mehrfach, teils in der gleichen Ausgabe - eine zum Anschauen und eine zum Lesen - teils in verschiedenen Ausgaben - Gebrauchsausgabe und Edelausgabe ... was natürlich rasch zu erheblichen Platzproblemen führt (einmal ganz davon zu schweigen, dass ich bei verlockendem Angebot meist nicht widerstehen kann, auch ein drittes Mal zuzulangen ... ). Wer die Bücher-Krankheit nicht hat, versteht so was nicht, für den ist es nur noch Pathologie, aber sei's. Man tröstet sich damit, dass viele Große an ihr erkrankten und, wie man selber, das gleiche Fieber in allen Stadien durchlitten. Auch sind ja Bücher wie Divane und Kissen, auf denen man sich im Windschatten des Lebens mal ausruhen darf. Ausserdem stecken einem die liebsten Bücher immer noch ein paar Hinweise auf weitere Divane und Kissen zu ...

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