Mittwoch, 19. Januar 2011

Bücherseiten im Netz: Google eBooks – Ein Rundgang durch die neue Vertriebsplattform




Da liegt sie nun vor mir – die neue Vertriebsplattform eBooks von Google. Der Start am 6. Dezember 2010 hat einen Medienrummel verursacht, doch in den vielen Artikeln habe ich noch keinen Praxistest entdeckt. Meine News-Suche ergab nichts Neues. Wie viele Menschen sich in Deutschland wohl schon durch die Bücher-Cloud geklickt haben? Ob sie sich wohl schon ein Bücherregal – oder gar schon eine Bibliothek eingerichtet haben? Ich bin gespannt, wann der Verkaufsstart für Deutschland beginnt. Bis dahin müssen interessierte Leser sich noch durch einen Shop kämpfen, der eindeutig noch in den Kinderschuhen steckt.




Die Startseite ist übersichtlich. Eine große Werbefläche versucht mit lustigen Grafiken, etwas über die Cloud-Technologie zu erklären und unweigerlich stößt man sofort auf die Apps, die man sich für die entsprechenden Endgeräte runterladen kann. Danach folgt Werbung mit verschiedenen, wechselnden Themen. Ich habe einen Screenshot vom Dezember und einen vom Januar gemacht.



Auf der linken Seite prangt gut sichtbar mein Bücherregal. Derzeit haben acht E-Books zum Testen einen Platz darin gefunden. Auf der Hauptseite gibt es wiederum Werbung – zunächst für kostenlose E-Books und dem Versprechen »Mehr best of the free«, einen Schwerpunkt mit Bestsellern der New York Times (dieses Regal ist auf der deutschen Plattform leer und nicht einsehbar) und zum Schluss werden beliebte Genres (Fantasy, Thriller, Romance) aufgelistet – auch diese Links führen den deutschen Leser noch auf leere Regale. Wir müssen uns zunächst mit den freien, kostenlosen E-Books begnügen.



Auf jeder Seite, in jeder Kategorie und überhaupt überall ist das Suchfeld zentral oben rechts platziert. »Search eBookstore« fordert uns die Plattform auf. Die Suche kann derzeit auf zwanzig verschiedene Genres eingeschränkt werden, die sehr breit gefächert sind – unter anderem in Belletristik, Kochen/Essen und Wein, Humor, Erziehung und Familie, Protokoll oder Referenzwerke.

Klappert man die Bestenliste der New York Times ab, sucht man noch vergebens nach Stieg Larsson, Dean Koontz und John Grisham. 


Falls doch etwas aufgelistet wird, ist mir dann doch unklar, was Dean Koontz mit »Catalog of Copyright Entries. Third Series« zu tun haben könnte. Mit Klassikern hat man derzeit eher Erfolg bei der Suche.


Für William Shakespeare spuckt die Suche 34 Titel aus, die auch größtenteils etwas mit dem englischen Dramatiker zu tun haben. Allerdings werden auch dramatische Werke von Gottfried August Bürger oder Friedrich Ludwig Schröder recht mittig einsortiert. Mysteriös.

Die Sortier- und Filterfunktion ist derzeit enttäuschend, was auch am deutschen Portal liegen kann. Bei »Preis« kann man zwischen »Beliebig« und »Nur kostenlose« wählen (verständlich!), die Sortierfunktion beschränkt sich allerdings nur auf »Relevanz« (schwammiges Kriterium) und »Veröffentlicht am«. Ist der Suchbegriff sehr allgemein gehalten, wird man wirklich mit einer Masse von Titeln überflutet, die nicht beherrschbar ist. Suchen kann so zu einer echten Qual werden.

Jedes Buch kann angeklickt werden. Die Seite darauf zeigt das Titelblatt, die Bewertung des Buches mit fünf möglichen Sternen und der Anzahl der Rezensionen. »Hamlet« hat derzeit elf Rezensionen, von denen auf der Startseite eine auf Englisch, ein auf Französische und eine auf Japanisch verfasst ist. Die Rezensionen haben unterschiedliche Qualitäten, werden aber anscheinend vor der Veröffentlichung nicht kontrolliert, denn sonst wäre ich nicht auf eine reine Link-Listen mit E-Mail-Adressen gestoßen oder den Versuchen, mit html-Codes Bilder zu verlinken. Es folgt eine Leiste mit ähnlichen Büchern und die bibliografischen Angaben – idealerweise mit Titel, Autor, Herausgeber, Verlag, Jahr, dem Ort, an dem sich das gescannte Original befindet, das Datum der Digitalisierung und die Seitenanzahl. Dieses E-Book ist kostenlos und kann sofort genutzt werden. 


Der Button »Beispiel anzeigen« lässt das Buch sofort im Browser öffnen, »Auf Ihrem Gerät lesen« führt zu einer App-Übersicht und der Möglichkeit, sich eine Sicherheitskopie in Form einer PDF oder eines EPUBs herunter zu laden. 


»Jetzt nutzen« hingegen lädt das Buch sofort in das eigene virtuelle Bücherregal (»Meine eBooks«). Von hier aus kann man »Das Buch lesen« oder »Weitershoppen«.

Spannend wird es, wenn das Buch nun auf dem Endgerät aufgerufen wird. Es gibt eine Leiste mit verschiedenen Optionen, mit denen man das Buch auf seine Bedürfnisse anpassen kann.


Hinter dem ersten Knöpfchen verbirgt sich der »Inhalt«, in dem sämtliche Kapitel mit Seitenangaben aufgelistet werden. Von hier aus kann man direkt auf die richtige Seite springen. Der zweite Button kann die Einstellungen des digitalisierten Buchs verändern. Hier kann der Leser (falls vorhanden) zwischen den gescannten Original-Seiten und dem Fließtext wechseln und die Darstellung vergrößern und verkleinern. In anderen E-Books gibt es außerdem die Möglichkeit, die Schrift im Fließtext zu verändern und die Zeilenhöhe und die Ausrichtung des Textes anzupassen.


Der dritte Button »Suche« durchsucht das Dokument nach den gewünschten Stichwörtern. Selbst wenn die Seiten nur gescannt vorhanden sind, funktioniert die Suche, die nach Seiten oder Relevanz geordnet werden kann. Das vierte Knöpfchen listet alle verfügbaren Informationen zum Buch auf: Titel mit Deckblatt, Bewertungen, Anzahl der Rezensionen, App-Verlinkung, verwandte Titel – aber auch Shops, die das Buch verkaufen. Aufgelistet werden bei »Hamlet« die Shops Alibris, QOOP und erstaunlicherweise auch Amazon. Der letzte Button, ein Fragezeichen, verweist auf Googles Bücher-Hilfe, Anleitungen zur Verwendung des Web-Readers und die Möglichkeit, anstößigen Content zu melden.



Mein Bücherregal hat sich inzwischen mit neun kostenlosen E-Books gefüllt. Mir ist noch nicht klar, nach was für einem System die Bücher angeordnet sind. Auf alle Fälle kann ich die Reihenfolge nicht verändern, geschweige denn sortieren. Wechselt man beim Lesen zwischen mehreren E-Books, laden die neu aufgerufenen Titel immer die zuletzt angeschaute Seite. 



Ich bin gespannt, wie sich die Plattform entwickeln wird. Vor allem das Stöbern ist momentan durch die unzureichende Filter- und Sortierfunktion schlichtweg unmöglich. Einerseits steckt die deutsche Plattform natürlich noch in den Kinderschuhen, andererseits ist es ungeheuer reizvoll, in den gescannten Original-Bänden zu stöbern. Da viele Titel aus Universitätsbibliotheken stammen, entdeckt man ab und an Notizen am Seitenrand. Die wichtigste Erneuerung ist meiner Meinung nach nicht nur die relative Unabhängigkeit vom Endgerät und die Klärung der Formatfrage, sondern vor allem auch die richtige Paginierung, die trotz vergrößertem oder verkleinertem Text gleich bleibt. So erschließt sich für die Wissenschaft ein ungeheurer Schatz an öffentlich zugänglichen Werken, die zitierfähig sind. Ungeklärt ist für mich noch die DRM-Frage, die vor allem bei aktuellen Titeln eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird.

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