Freitag, 30. September 2011

Rezension – P. C. Cast/Kristin Cast: »House of Night 1: Gezeichnet«

Wann hat die Sache mit den Internatsgeschichten eigentlich angefangen? Bei mir auf alle Fälle bei Enid Blyton und ihrer Hanni und Nanni-Serie (und ein Paar Dolly-Bänden). Es folgte die Zauberer-Version mit Harry Potter, und nun waren die Vampire dran mit der House of Night-Serie. Der erste Band von P. C. Cast und Kristin Cast heißt »Gezeichnet« und ich war gespannt, wie das Internatskonzept hier umgesetzt wurde.

Inhalt
Zoey wird von einem Späher gezeichnet: Das Mal auf ihrer Stirn verändert ihr ganzes Leben. Sie ist nun ein Jungvampyr, der im Internat House of Night versorgt und ausgebildet wird. Die Verwandlung in einen Vampyr ist nicht ungefährlich und verläuft mitunter tödlich. Zoey muss ihre verhasste Familie und ihre Freunde von der High-School zurücklassen und sich dem Schulalltag einer komplett neuen Welt stellen. Schnell wird klar, dass Zoey ungeahnte Kräfte hat, denn die Vampyrgöttin Nyx hat große Pläne mit ihr.

Meinung (Ohne Spoiler)
Es ist atemberaubend, was für ein Tempo das Mutter-Tochter-Gespann P. C. Cast und Kristin Cast anschlagen: Das komplette Buch spielt sich innerhalb von drei Tagen ab und lässt schlimmes ahnen. Richtig, die Entwicklung der Hauptfigur wird dadurch nicht nur unrealistisch, sondern auch extrem flach. Zoey hat nicht mal Zeit für Hausaufgaben. Natürlich ist sie hübsch und unglaublich begabt und mit Superkräften gesegnet. Ihr Lebensziel sagt schon einiges über ihre Oberflächlichkeit aus: Sie möchte einfach nur dazugehören.
Wirklich interessant ist es, die Lebensphilosophie der Autorinnen zu analysieren. Die besteht aus Schwarz-Weiß-Malerei (alle Stereotypen werden sofort in ihre Gut-/Böse-Ecke eingeordnet) und einem erhobenen Zeigefinger (Drogen sind böse. Alkohol macht fett. Gesunde Ernährung nur mit Salat und magerem Fleisch. Fette Vampyre überleben die Verwandlung nicht. Oral-Verkehr macht Mädchen zu Schlampen). All das präsentieren die Autorinnen konsequent mit dem Vorschlaghammer.
Wirklich schade, denn ein Vampir-Internat mit Vampyren, die in die Gesellschaft der Menschen integriert sind (wie eigentlich?), ist eine Idee, die durchaus interessant gestaltet werden kann. Leider nicht von den Cast-Autorinnen.
Eins noch zur Sprache: Der Stil ist wirklich sehr leicht zu lesen. Zumindest hat Zoey als Ich-Erzählerin ein freches Mundwerk und spricht auch so. In Klammern fügt sie oft Kommentare in die Handlung ein. Über die Vulgär-Sprache kann man streiten, ich fand sie stellenweise witzig und originell, stellenweise allerdings anstrengend (Easy-Peasy). Auf alle Fälle wiederholen die Autorinnen leider ziemlich vieles auf unterschiedliche Weise und leider auch sehr unnötige Handlungsstränge (Zoey wiederholt am Telefon gegenüber ihrer Großmutter alles, was sie bislang erlebt hat). Dadurch entwickelt sich der Eindruck, dass das großzügig gesetzte Buch auch noch unnötig aufgebauscht wird.

Meinung (mit Spoiler)
Der Hauptcharakter Zoey ist schon interessant ausgeschlachtet worden: Sie ist unzufrieden mit ihrem Leben zwischen ihrem Stiefvater (Stiefpenner), ihrer Mutter (die den Stiefpenner eindeutig den Vorzug gibt) und ihrer fiesen besten Freundin und ihrem trinkenden, hirnlosen Fast-Freund, von dem sie nicht loskommt (warum auch immer). Praktisch, dass sie von dieser Situation erlöst wird, obwohl es zunächst natürlich ganz schwierig ist, sein altes Leben hinter sich zu lassen, um ein Neues in einer supercoolen Schule zu beginnen. Obwohl Zoey mitten im Schuljahr zum Unterricht dazu stößt (trotz Verletzung geht sie am Tag gleich nach ihrer Ankunft sofort hin), fangen all ihre Kurse entweder ganz von vorne an (Reiten) oder beginnen praktischerweise mit einem neuen Thema (Vampirsoziologie). Sie findet sofort Anschluss bei ihren neuen Freunden, die nach gefühlten zwei Minuten sofort zu ihr halten. Zoey entwickelt natürlich Superkräfte, die die Vampyrwelt noch nicht gesehen hat und stottert sich durch ihre neue Welt. Trotzdem finden sie alle cool und sie hat sofort einen Verehrer, obwohl die beiden zunächst nur tiefe Blicke miteinander getauscht hatten (während seine Ex-Freundin sich an ihm in Sachen Oralverkehr versuchte). Obwohl Zoey eindeutig kein Außenseiter ist, besteht ihr Leben nur aus dem Wünsch, sich einzugliedern und dazu zu gehören. Außerdem schämt sie sich, als Vampyr Blutlust zu haben. So geht es Seitenlang weiter: Zoey zweifelt, findet keine rechten Worte, zickt sogar rum und entwickelt dann ungeahnte Superkräfte, will aber trotzdem dazugehören.

Fazit
Ich hab das Buch in einem Rutsch durchgelesen, weil ich es durchaus amüsant fand. Es ist eine leichte Nebenlektüre, die sich ohne weiteres einfach querlesen lässt. Allerdings haben sowohl die Charaktere als auch die Handlung abnorm große Schwächen: Die Schwarz-Weiß-Malerei, die oberflächliche Drei-Tage-Handlung, der erhobene Zeigefinger und die stereotypen Charaktere der Autorinnen sind ärgerlich, stellenweise unerträglich. Wer zudem Bücher in Jugendsprache nicht leiden mag, sollte die Finger von der House of Night-Serie lassen, die auf insgesamt zwölf Bände ausgelegt ist.

P. C. Cast/Kristin Cast
»House of Night 1: Gezeichnet«
FJB, 464 Seiten, 16,95 Euro
ISBN: 978-3596860036
Erschienen am 23. Dezember 2009

Die House of Night-Serie ist eine auf zwölf Bücher ausgelegte Serie:
»House of Night 1: Gezeichnet« (23. Dezember 2009)
»House of Night 2: Betrogen« (26. März 2010)
»House of Night 3: Erwählt« (03. August 2010)
»House of Night 4: Ungezähmt« (11. November 2010)
»House of Night 5: Gejagt« (11. Februar 2011)
»House of Night 6: Versucht« (12. Mai 2011)
»House of Night 7: Verbrannt« (12. August 2011)
»House of Night 8: Geweckt« (11. November 2011)
Weitere Bände sind in Vorbereitung.

1 Kommentar:

  1. Endlich mal eine wirklich EHRLICHE Rezension zu dieser Buchreihe. Die verzückten Aahs und Oooohs gingen langsam auf keine Kuhhaut mehr. Sehr gut und scharfzüngig geschrieben. Gefällt mir!

    LG
    Carmen

    AntwortenLöschen